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22. September 2021
Sieben Regeln: Wie wir Nachhaltigkeit anpacken und messen
James von Moltke und Gerald Podobnik sprachen an der Frankfurt School of Finance & Management
James von Moltke – Begrüßung
Guten Tag, sehr geehrte Damen und Herren,
Gerald Podobnik und ich freuen uns sehr, heute hier zu sein und mit Ihnen über das so wichtige Thema ESG-Performancemanagement zu sprechen.
Wir erleben gerade eine historische Transformation zu einer umweltverträglicheren, sozialeren und besser geführten Wirtschaft. Als Deutsche Bank wollen wir unseren Beitrag dazu leisten und Deutschland und Europa dabei unterstützen, die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten.
Wir sind überzeugt: Marktmechanismen, Rechenschaftspflichten und eben ein starkes Performancemanagement sind die Schlüssel für einen erfolgreichen Wandel zu einer nachhaltigeren Deutschen Bank.
Am heutigen Nachmittag möchte ich darüber sprechen, welche Pflichten das ESG-Imperativ mit sich bringt und welche Chancen wir sehen, wenn wir unser Geschäft noch strenger an Umweltschutz, sozialen Kriterien und guter Unternehmensführung ausrichten. Konkret geht es darum, welche Rolle wir in der Transformation der Wirtschaft spielen wollen, welchen Ansatz wir gewählt haben und was wir damit bereits erreicht haben.
Beginnen wir mit unserer Rolle in der Transformation.
Dafür haben wir uns klare Ziele gesetzt:
Wir sind davon überzeugt, dass die Deutsche Bank gut aufgestellt ist, um diese Ziele zu erreichen – aus verschiedenen Gründen.
Vier Punkte möchte ich näher erläutern:
Was heißt das nun in der Praxis?
Was tun wir konkret, um unsere Ziele zu erreichen?
Unser Nachhaltigkeitsansatz basiert auf vier Säulen
In allen vier Bereichen orientieren wir uns an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Klimaabkommen.
Einige Beispiele dafür, wie wir unseren Ansatz in diesen vier Säulen leben, möchte ich Ihnen erläutern:
Wir haben uns konkrete, transparente und messbare Ziele für nachhaltige Finanzierungen und Kapitalanlagen gesetzt – und zwar für alle Geschäftsbereiche. Auch darauf wird Gerald gleich noch im Detail eingehen.
Nur so viel: Bis zum Jahresende 2021 werden wir der Hälfte aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Kundenkontakt Schulungen zur bankeigenen Taxonomie für nachhaltige Finanzierungen und Anlagen anbieten.
Im Rahmen unserer Richtlinien und Verpflichtungen haben wir unser Rahmenwerk für grüne Anleihen veröffentlicht. Und im ersten Halbjahr 2021 waren wir der drittgrößte Emittent von nachhaltigen Anleihen weltweit.
Außerdem werden wir unser Engagement im Bereich Kohleabbau bis spätestens 2025 beenden.
In unserem eigenen Geschäftsbetrieb haben wir unsere CO2-Emissionen seit 2012 um 40 Prozent gesenkt. Wir konnten wir 2020 bereits 80 Prozent unseres Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien decken und haben damit seit 2012 jedes Jahr rund 250.000 Tonnen Kohlenstoff eingespart. Und bis 2025 wollen wir unseren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien beziehen.
Als Vordenker treten wir öffentlich für die nachhaltige Transformation ein. Auch hierzu einige Beispiele, die dies greifbar machen sollen:
Abschließend möchte ich noch auf ein wichtiges Ziel näher eingehen: den Dialog mit unseren Interessengruppen.
Der Dialog hat sich über alle Interessensgruppen hinweg intensiviert – wie es auch zu erwarten war angesichts der Bedeutung der ökologischen Herausforderung, vor der wir gerade stehen,. Wir beobachten folgende Entwicklungen:
Selten gab es ein so hohes Interesse, selten war der Austausch intensiver – und ich bin davon überzeugt, dass sich dadurch einzigartige Chancen bieten:
Das haben wir gerade in den vergangenen Wochen bei der DWS erfahren. Die Berichte darüber haben Sie vielleicht auch gelesen: Eine ehemalige Mitarbeiterin erhebt den Vorwurf, dass die DWS den Anteil nachhaltiger Anlagen im Jahresbericht von 2020 zu hoch ausgewiesen habe.
Die DWS hat sich dazu sehr klar geäußert:
Das Beispiel zeigt: Die Diskussionen, wie Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung in Finanzinstrumenten abgebildet werden, ist derzeit ein wichtiges Thema für die gesamte Finanzbranche. Gerald wird Ihnen gleich erläutern, wie wir diese Herausforderung angehen.
Ich fasse zusammen:
Und damit übergebe ich das Wort an Gerald, der unseren Ansatz im Detail erläutern wird.
Gerald Podobnik – ESG Performance Management in der Praxis
Vielen Dank, James, und auch von meiner Seite hallo!
Die Fortschritte eines Unternehmens auf seinem Weg zur Nachhaltigkeit zu messen und zu steuern – diese Aufgabe bringt erhebliche Herausforderungen mit sich. Aber sie birgt auch Chancen.
Lassen Sie mich zunächst drei praktische Herausforderungen nennen, mit denen wir ESG-Performancemanagement konfrontiert sind:
Erstens: Wie James schon sagte – in der Finanzbranche fehlt es an allgemein akzeptierten Definitionen dafür, was sich hinter den Kriterien Umwelt, Soziales und guter Unternehmensführung eigentlich genau verbirgt. Es fehlt an Standards -
Zweitens: Es gibt mehrere Rahmenwerke für Offenlegungsinitiativen, die sich überschneiden.
Drittens, und das ist die größte Herausforderung – die Kluft zwischen Ambition und Wirkung:
Mit anderen Worten: Wer sich der nur der Illusion hingibt, dass er handelt, macht ebenso wenig richtig wie jemand, der gar nichts tut.
Irgendeine Aktivität zu entfalten, ohne jedoch spürbar eine Wirkung zu erzielen, untergräbt unsere Fähigkeit, das Pariser Abkommen erfüllen zu können und unsere Kunden in ihrer nachhaltigen Transformation zu begleiten, wie James aufgezeigt hat.
Echte Wirkung zu entfalten, ist außerdem der Kern eines glaubwürdigen Dialogs mit all unseren Interessengruppen:
Ein rigoroses ESG-Performancemanagement ist unerlässlich, um sich vor zwei besonderen Gefahren zu schützen:
Wie kann man diesen Herausforderungen begegnen?
Das übergeordnete Ziel des ESG-Performancemanagements muss es sein, der Organisation dabei zu helfen, von der Ambition zur Wirkung zu kommen.
Aber wie genau schafft man das? Wir haben einmal sieben Regeln formuliert, abgeleitet aus unseren bisherigen Erfahrungen.
Regel 1: Geben Sie Ihren Zielen Biss! Eine starke ESG-Governance ist der Schlüssel
Ihre Ziele müssen durch Ihre Governance-Struktur gestützt werden. Die Geschäftsbereiche müssen diese Struktur verstehen und annehmen. Und die Struktur muss so gestaltet sein, dass eine Nicht- oder Schlechtleistung auch Konsequenzen hat, und zwar gerade auch auf die Höhe der Vergütung.
Wie sieht eine ‚starke Governance‘ in der Praxis aus?
Bei der Deutschen Bank haben wir die ESG-Governance nach diesen Vorgaben gestaltet:
Der Nachhaltigkeitskomitee des Vorstands wird von Christian Sewing geleitet, unserem Vorstandsvorsitzenden – wir beginnen also ganz oben.
Unterstützt wird dieser Ausschuss durch einen Nachhaltigkeitsrat. In diesem Rat arbeiten Nachhaltigkeitsexperten bereichsübergreifend an neuen Ideen und Initiativen. Hier entstehen die Vorlagen, über die das Nachhaltigkeitskomitee entscheidet.
Eine spezialisierte Abteilung – der Konzernbereich Group Sustainability – achtet darauf, dass die Governance umgesetzt und eingehalten wird. Der Bereich ist eine unabhängige Kontrollinstanz und dient als sogenannte „zweite Verteidigungslinie“.
Wie funktioniert diese Governance in der Praxis? Dazu einige Beispiele...
Regel 2: Verknüpfen Sie Ihre Ziele mit Anreizen – und mit der Vergütung
Um die Performance zu messen und zu steuern, arbeiten wir mit einer Balanced Scorecard.
Sie war ursprünglich nur für den Vorstand vorgesehen, mittlerweile haben wir sie aber auf rund 300 Top-Führungskräfte ausgeweitet:
Natürlich fangen wir hier nicht bei Null an:
Darüberhinaus haben wir für rund 50 Führungskräfte eine sogenannte „Franchise“-Komponente eingeführt, die an folgende Punkte anknüpft:
Wir führen von oben: bei den meisten Führungskräften hat die Erfüllung der ESG-Ziele den größten Einfluss auf die Vergütung.
Bei unseren Vorstandsmitgliedern macht der ESG-Leistungsfaktor im Rahmen der langfristigen Vergütung 20 Prozent der variablen Referenzvergütung aus.
Regel 3: Setzen Sie konkrete, kurzfristige Ziele – der Planet kann nicht warten
Klare, langfristige Ziele sind wichtig – aber darüberhinaus ist es unerlässlich, auch sehr konkrete, kurzfristige Ziele zu setzen.
Große Organisationen, darunter auch Banken, können sehr viel bewirken, sind aber zuweilen weniger wendig. Es ist also ratsam, frühzeitig anzufangen: Stellen Sie Ihre Organisation auf Ihre Ziele ein und setzen Sie kurzfristige Ziele.
Daraus ergeben sich einige Chancen:
Aber wie gut funktionieren kurzfristige Ziele? Unsere Erfahrung dazu ist wie folgt:
Wie Sie sehen können, unterscheidet sich dieser Ansatz von dem einiger unserer engsten Wettbewerber. Sie haben zwar höhere Volumenziele ausgegeben, allerdings reichen diese weiter in die Zukunft.
Wir legen unseren Schwerpunkt aber nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität – wir möchten langfristig denken, aber kurzfristig handeln!
Regel 4: Setzen Sie granulare Ziele! Das stärkt Verantwortlichkeit
Es ist wichtig, die Ziele so tief wie möglich in der Organisation zu verankern – und zwar von unten nach oben und nicht von oben nach unten. Denn unsere Erfahrung ist:
Wie machen wir es in der Deutschen Bank?
Regel 5: Seien Sie selektiv! Konzentrieren Sie sich auf die Ziele, mit denen Sie die größte Wirkung erzielen
Es ist wichtig, klar abzugrenzen, welche Produkte und Leistungen eingeschlossen sind und welche NICHT. Warum?
Unser Ansatz ist deshalb: Wir machen klipp und klar, was genau wir zu nachhaltigen Finanzierungen und Anlagen zählen und was nicht:
Dazu zählen wir:
NICHT dazu zählen wir:
Zur Transparenz, die wir herstellen wollen, gehört auch, dass Sie jederzeit unser Rahmenwerk für nachhaltige Finanzierungen auf unserer Webseite einsehen und herunterladen können.
Werden wir noch etwas konkreter. Lassen Sie mich einige Beispiele dafür geben, welche Transaktionen wir als nachhaltig einstufen:
Regel 6: Praktiziere, was du predigst!
Ein ESG-Performancemanagement, das für externe und interne Interessengruppen glaubwürdig ist, verlangt auch, dass es messbare Fortschritte gibt.
Hierzu zwei Beispiele aus unserem Haus:
Damit senden wir eine weitere, eindeutige Botschaft: Wenn wir sagen, dass wir mit unseren Kunden einen klaren grünen Weg vereinbaren werden, der den Zielen des Pariser Abkommens entspricht, dann wissen alle, dass wir es ernst meinen.
Regel 7 – die wichtigste: Performancemanagement muss nachprüfbare Wirkung entfalten!
Es ist äußerst wichtig, die ESG-Performance so zu steuern, dass sie eine echte Wirkung auf die Welt um uns herum entfaltet.
Richten Sie Ihr Performancemanagement deshalb an einem soliden externen Maßstab aus.
Wir machen es wie folgt:
Wir klassifizieren unser Geschäft nach den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen.
Die Zuteilung ist teils eine Kunst, teils auch eine Wissenschaft.
Und, ja: Natürlich überschneiden sich die 17 Ziele in gewisser Weise.
Aber sie sind wichtige, externe Bezugspunkte, um die oben beschriebene Wirkung zu bestimmen.
Mit alldem ist es aber immer noch nicht getan – Wir müssen noch mehr tun, um unser Performancemanagement und die Wirkung auf die Umwelt zu verknüpfen. Künftig heißt das für uns:
Fazit und Schluss
Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen.
Erstens: Ein rigoroses ESG-Performancemanagement ist absolut entscheidend, damit die Nachhaltigkeitsstrategie glaubwürdig ist und auch erfolgreich umgesetzt werden kann.
Zweitens: Das ESG-Performancemanagement wird an Schlagkraft gewinnen, wenn wir in der Lage sind, uns auf einheitliche, vergleichbare Ansätze in der gesamten Branche zu einigen. Um dies zu erreichen, werden Banken, Regulierungsbehörden, politische Entscheidungsträger und Experten eng zusammenarbeiten müssen.
Drittens: Damit ein ESG-Performancemanagement seine ganze Wirkung entfalten kann, muss es:
Vielen Dank für Ihre Geduld und Ihre Aufmerksamkeit.
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