Nachricht 22. September 2021

Sieben Regeln: Wie wir Nachhaltigkeit anpacken und messen

James von Moltke und Gerald Podobnik sprachen an der Frankfurt School of Finance & Management

James von Moltke – Begrüßung

Guten Tag, sehr geehrte Damen und Herren,

Gerald Podobnik und ich freuen uns sehr, heute hier zu sein und mit Ihnen über das so wichtige Thema ESG-Performancemanagement zu sprechen.

Wir erleben gerade eine historische Transformation zu einer umweltverträglicheren, sozialeren und besser geführten Wirtschaft. Als Deutsche Bank wollen wir unseren Beitrag dazu leisten und Deutschland und Europa dabei unterstützen, die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten.

Wir sind überzeugt: Marktmechanismen, Rechenschaftspflichten und eben ein starkes Performancemanagement sind die Schlüssel für einen erfolgreichen Wandel zu einer nachhaltigeren Deutschen Bank.

Am heutigen Nachmittag möchte ich darüber sprechen, welche Pflichten das ESG-Imperativ mit sich bringt und welche Chancen wir sehen, wenn wir unser Geschäft noch strenger an Umweltschutz, sozialen Kriterien und guter Unternehmensführung ausrichten. Konkret geht es darum, welche Rolle wir in der Transformation der Wirtschaft spielen wollen, welchen Ansatz wir gewählt haben und was wir damit bereits erreicht haben.

  • Basierend auf unseren Erfahrungen wird Gerald dann darüber sprechen, was ein wirksames ESG-Performancemanagement ausmacht.

Beginnen wir mit unserer Rolle in der Transformation.

Wir stehen vor einer historischen Herausforderung

Dafür haben wir uns klare Ziele gesetzt:

  • Wir wollen ein verlässlicher Partner für unsere Kunden sein und sie dabei unterstützen, ihren eigenen Plan für den Übergang zu einem kohlenstoffarmen Geschäftsmodell zu entwickeln.
  • Wir wollen Vorbild sein und unsere eigene nachhaltige Transformation vorantreiben.
  • Und wir wollen für nachhaltige Transformation öffentlich eintreten [SJ1] und alle Interessengruppen in den Dialog einbeziehen – dazu zählen Kunden, Anleger, Gesellschaft, öffentliche Institutionen und natürlich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Wir sind davon überzeugt, dass die Deutsche Bank gut aufgestellt ist, um diese Ziele zu erreichen – aus verschiedenen Gründen.

Gut aufgestellt um die Herausforderung zu meistern

Vier Punkte möchte ich näher erläutern:

  • Erstens, wir profitieren von unserem breit aufgestellten, erstklassigen Kreditbuch und haben auch die nötige Kapitalmarktkompetenz, um Vermögenswerte zu schaffen, zu strukturieren, zu gestalten und zu vertreiben. Damit können wir unseren Kunden Dienstleistungen auf beiden Seiten der Bilanz anbieten.
  • Zweitens, wir sind erfahrene Berater und Risikomanager unserer Kunden und verfügen über langjährige Kundenbeziehungen – manche reichen bereits Generationen zurück.
  • Drittens haben wir den Vorteil, eine europäische Bank mit dem Heimatmarkt Deutschland zu sein. In unserer Gesellschaft besteht eine hohe Affinität zum Thema Nachhaltigkeit. Als Bank mit einem weltweiten Netzwerk können wir dieses Wissen exportieren. Gerade in den USA und vor allem in Asien beobachten wir eine immer größere Nachfrage nach ESG-Anlagen. Hier können wir unsere Stärken als europäische Bank einbringen, was uns Wettbewerbsvorteile bringt.
  • Und viertens haben wir unsere Bank gerade neu ausgerichtet. Es ist der fundamentalste Umbau der Deutschen Bank seit 20 Jahren. Im Zuge dessen haben wir auch unsere Art zu denken angepasst – an die Anforderungen eines Umfelds, das sich rasch wandelt.

Was heißt das nun in der Praxis?

Was tun wir konkret, um unsere Ziele zu erreichen?

Unser Nachhaltigkeitsansatz

Unser Nachhaltigkeitsansatz basiert auf vier Säulen

  • Erstens, wir finanzieren und beraten unsere Kunden bei der Umsetzung ihrer Transformationspläne, um die im Pariser Klimaabkommen vereinbarten Ziele  einzuhalten.
  • Zweitens, wir steuern unser Geschäft nach Umwelt- und sozialen Kriterien – zum Beispiel, indem wir den CO2-Fußabdruck unseres Kreditportfolios bestimmen.
  • Drittens, wir verankern Nachhaltigkeit im eigenen Geschäftsbetrieb
  • Viertens, wir wollen unsere Erfahrung und unser Wissen einbringen und die Transformation zu einer nachhaltigeren Gesellschaft begleiten. Aktuell ist das Fehlen allgemeingültiger, einheitlicher Standards eine der größten Herausforderungen, wenn es darum geht, ESG-Performance zu steuern. Mehr dazu erfahren Sie gleich von Gerald.

In allen vier Bereichen orientieren wir uns an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Klimaabkommen.

Einige Beispiele dafür, wie wir unseren Ansatz in diesen vier Säulen leben, möchte ich Ihnen erläutern:

Wie wir unsere Verpflichtungen erfüllen

Wir haben uns konkrete, transparente und messbare Ziele für nachhaltige Finanzierungen und Kapitalanlagen gesetzt – und zwar für alle Geschäftsbereiche. Auch darauf wird Gerald gleich noch im Detail eingehen.

Nur so viel: Bis zum Jahresende 2021 werden wir der Hälfte aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Kundenkontakt Schulungen zur bankeigenen Taxonomie für nachhaltige Finanzierungen und Anlagen anbieten.

Im Rahmen unserer Richtlinien und Verpflichtungen haben wir unser Rahmenwerk für grüne Anleihen veröffentlicht. Und im ersten Halbjahr 2021 waren wir der drittgrößte Emittent von nachhaltigen Anleihen weltweit.

Außerdem werden wir unser Engagement im Bereich Kohleabbau bis spätestens 2025 beenden.

In unserem eigenen Geschäftsbetrieb haben wir unsere CO2-Emissionen seit 2012 um 40 Prozent gesenkt. Wir konnten wir 2020 bereits 80 Prozent unseres Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien decken und haben damit seit 2012 jedes Jahr rund 250.000 Tonnen Kohlenstoff eingespart. Und bis 2025 wollen wir unseren Strom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien beziehen.

Als Vordenker treten wir öffentlich für die nachhaltige Transformation ein. Auch hierzu einige Beispiele, die dies greifbar machen sollen:

  •  Als Gründungsmitglied der Net Zero Banking Alliance und im Rahmen der Partnership for Carbon Accounting Financials (PCAF)  haben wir uns dazu verpflichtet, unsere Kredit- und Anlageportfolios klimaneutral zu stellen.
  • Wir unterstützen die UN-Grundsätze für ein verantwortungsbewusstes Bankgeschäft.
  •  Und wir bringen unsere Expertise im Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung ein.

Abschließend möchte ich noch auf ein wichtiges Ziel näher eingehen: den Dialog mit unseren Interessengruppen.

Wichtigste Treiber für Chancen mit Wertepotenzial

Der Dialog hat sich über alle Interessensgruppen hinweg intensiviert – wie es auch zu erwarten war angesichts der Bedeutung der ökologischen Herausforderung, vor der wir gerade stehen,. Wir beobachten folgende Entwicklungen:

  • Die Regulierung wird anspruchsvoller.
  • Kunden stehen vor ihren eigenen Herausforderungen und brauchen dringender denn je einen glaubwürdigen Partner, der sie in ihrer Transformation begleitet.
  • Investoren und andere Kapitalmarktakteure fordern mehr Transparenz, weil ESG-Kriterien bei der Anlage-Entscheidung eine immer größere Rolle spielen.
  • Und natürlich achten die Öffentlichkeit und Medien sehr genau darauf, welche Fortschritte wir in Sachen Nachhaltigkeit machen.

Selten gab es ein so hohes Interesse, selten war der Austausch intensiver – und ich bin davon überzeugt, dass sich dadurch einzigartige Chancen bieten:

  • Wir helfen unseren Kunden und können uns mit ihnen in ganz neuen Bereichen austauschen.
  • Wir gewinnen neue Talente für unsere Bank, die unser Ziel teilen, eine wirklich nachhaltige Deutsche Bank zu schaffen.
  • Wir werden für Investoren attraktiver, die Anlage-Entscheidungen zunehmend nach Nachhaltigkeitsaspekten treffen.
    • Wie wichtig Nachhaltigkeit für Kapitalmarkt-Teilnehmer heute schon ist, haben wir vergangenen Monat eindrucksvoll erfahren: Zum ersten Mal seit 2007 hat die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit der Deutschen Bank aufgrund von Fundamentaldaten heraufgesetzt. Dabei betonte Moody’s, dass unsere Fortschritte beim Thema Nachhaltigkeit wesentlich zu dieser Entscheidung beigetragen haben.
  • Und nicht zuletzt wird unsere Reputation in der Gesellschaft und den Medien immer stärker durch Nachhaltigkeitsaspekte geprägt.

Das haben wir gerade in den vergangenen Wochen bei der DWS erfahren. Die Berichte darüber haben Sie vielleicht auch gelesen: Eine ehemalige Mitarbeiterin erhebt den Vorwurf, dass die DWS den Anteil nachhaltiger Anlagen im Jahresbericht von 2020 zu hoch ausgewiesen habe.  

Die DWS hat sich dazu sehr klar geäußert:

  • Die DWS steht zu den Offenlegungen in ihren Jahresberichten und weist die Anschuldigungen der ehemaligen Mitarbeiterin entschieden zurück.
  • Die DWS hat eine lange Tradition, was nachhaltiges und verantwortungsvolles Investieren angeht – sie reicht weit über 20 Jahre zurück. Die DWS hat ESG als einen Eckpfeiler ihrer Unternehmensstrategie definiert, und es ist ihr Anspruch, ein führender ESG-Vermögensverwalter zu werden.
  • Die DWS berichtet entsprechend des umfassenden Berichtsrahmens der EU-Verordnung zur Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte, die im März dieses Jahres in Kraft getreten ist.

Das Beispiel zeigt: Die Diskussionen, wie Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung in Finanzinstrumenten abgebildet werden, ist derzeit ein wichtiges Thema für die gesamte Finanzbranche. Gerald wird Ihnen gleich erläutern, wie wir diese Herausforderung angehen.

Ich fasse zusammen:

  • Wir sind fest entschlossen, eine nachhaltige Deutsche Bank zu schaffen.
  • Dieses Ziel ist ein zentrales Element  unserer Transformationsstrategie.
  • Wir sehen es als historische Chance für uns, einen Mehrwert für alle unsere Interessengruppen zu schaffen.
  • Aber um dies zu erreichen, ist ein rigoroses ESG-Performance-Management unerlässlich.

Und damit übergebe ich das Wort an Gerald, der unseren Ansatz im Detail erläutern wird.

Gerald Podobnik – ESG Performance Management in der Praxis

Vielen Dank, James, und auch von meiner Seite hallo!

Die Fortschritte eines Unternehmens auf seinem Weg zur Nachhaltigkeit zu messen und zu steuern – diese Aufgabe bringt erhebliche Herausforderungen mit sich. Aber sie birgt auch Chancen.

Lassen Sie mich zunächst drei praktische Herausforderungen nennen, mit denen wir ESG-Performancemanagement konfrontiert sind:

Herausforderungen und Chancen

Erstens: Wie James schon sagte – in der Finanzbranche fehlt es an allgemein akzeptierten Definitionen dafür, was sich hinter den Kriterien Umwelt, Soziales und guter Unternehmensführung eigentlich genau verbirgt. Es fehlt an Standards -

  • also ganz im Gegensatz zu anderen Kernelementen der Finanzbuchhaltung oder des Risikomanagements.
  • So gibt es beispielsweise noch keine einheitliche „ESG-Taxonomie“, obwohl das EU-Taxonomie-Projekt ein Schritt in die richtige Richtung ist.
  • Banken, Aufsichtsbehörden, Vermögensverwalter und Investoren arbeiten intensiv daran – auch wir lernen Tag für Tag dazu und vertiefen unsere Expertise.

Zweitens: Es gibt mehrere Rahmenwerke für Offenlegungsinitiativen, die sich überschneiden.

Drittens, und das ist die größte Herausforderung – die Kluft zwischen Ambition und Wirkung:

  • Zwar hat die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den vergangenen Jahren mächtig Fahrt aufgenommen ... die Zahl der Unternehmen, die Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen, ist von einigen Dutzend auf mehr als 4.000 gestiegen
  •  ... aber im gleichen Zeitraum haben die CO2-Emissionen auch um 40 Prozent zugelegt:

Die Kluft zwischen Ambition und Wirkung

Mit anderen Worten: Wer sich der nur der Illusion hingibt, dass er handelt, macht ebenso wenig richtig wie jemand, der gar nichts tut.

Irgendeine Aktivität zu entfalten, ohne jedoch spürbar eine Wirkung zu erzielen, untergräbt unsere Fähigkeit, das Pariser Abkommen erfüllen zu können und unsere Kunden in ihrer nachhaltigen Transformation zu begleiten, wie James aufgezeigt hat.

Echte Wirkung zu entfalten, ist außerdem der Kern eines glaubwürdigen Dialogs mit all unseren Interessengruppen:

  • mit unseren Kunden und all unseren Geschäftsbeziehungen,
  • mit Kapitalmarktteilnehmern, einschließlich sozial verantwortlichen Investoren und Rating-Agenturen, wie James ebenfalls betont hat,
  • mit Regulierungsbehörden, politischen Entscheidungsträgern und Organisationen, die an Standards arbeiten, sowie
  • mit derzeitigen und künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – einschließlich solchen, die wir direkt von Universitäten rekrutieren.

Ein rigoroses ESG-Performancemanagement ist unerlässlich, um sich vor zwei besonderen Gefahren zu schützen:

  • Erstens, Greenwashing – also nur vorzugeben, man sei nachhaltig;
  • Und zweitens: Greenwishing – also möglichst hohe Volumenziele zu setzen, ohne jedoch einen klaren Plan zu haben, wie man sie erreicht.

Wie kann man diesen Herausforderungen begegnen?

Das übergeordnete Ziel des ESG-Performancemanagements muss es sein, der Organisation dabei zu helfen, von der Ambition zur Wirkung zu kommen.

Aber wie genau schafft man das? Wir haben einmal sieben Regeln formuliert, abgeleitet aus unseren bisherigen Erfahrungen.

Regel 1: Geben Sie Ihren Zielen Biss! Eine starke ESG-Governance ist der Schlüssel

Ihre Ziele müssen durch Ihre Governance-Struktur gestützt werden. Die Geschäftsbereiche müssen diese Struktur verstehen und annehmen. Und die Struktur muss so gestaltet sein, dass eine Nicht- oder Schlechtleistung auch Konsequenzen hat, und zwar gerade auch auf die Höhe der Vergütung.  

Wie sieht eine ‚starke Governance‘ in der Praxis aus?

  • Ihre Governance muss ‚oben‘ angesiedelt sein. Die Unternehmensspitze muss das Thema ESG vorantreiben. Und die Fortschritte müssen individuell zurechenbar sein.
  • Die Governance-Struktur muss gut verankert sein – eng an den Geschäftsbereichen und an den individuellen Strategien, die Sie entwickelt haben, um ESG-Leistungen zu erbringen. So wird diese Governance zur Selbstverständlichkeit.
  • Die Governance muss vernetzt sein. In einem neuen, schnell expandierenden Bereich ist es wichtig, bewährte Praktiken zügig über verschiedene Bereiche austauschen zu können. So setzt man Synergien frei und bricht Silos auf.
  • Und: Die Governance muss unabhängig sein. Experten außerhalb des Unternehmens müssen die Fortschritte überwachen und überprüfen – ähnlich wie bei anderen Geschäftsfeldern, die von unabhängigen Kontrollfunktionen wie den Bereichen Risiko, Finanzen oder Compliance überwacht werden.

 Bei der Deutschen Bank haben wir die ESG-Governance nach diesen Vorgaben gestaltet:

Regel1- eine starke ESG Governance

Der Nachhaltigkeitskomitee des Vorstands wird von Christian Sewing geleitet, unserem Vorstandsvorsitzenden – wir beginnen also ganz oben.

Unterstützt wird dieser Ausschuss durch einen Nachhaltigkeitsrat. In diesem Rat arbeiten Nachhaltigkeitsexperten bereichsübergreifend an neuen Ideen und Initiativen. Hier entstehen die Vorlagen, über die das Nachhaltigkeitskomitee entscheidet.

Eine spezialisierte Abteilung – der Konzernbereich Group Sustainability – achtet darauf, dass die Governance umgesetzt und eingehalten wird. Der Bereich ist eine unabhängige Kontrollinstanz und dient als sogenannte „zweite Verteidigungslinie“.

  • Wir prüfen jede Transaktion auf Herz und Nieren, ob sie unseren ESG-Standards entspricht. Und wenn wir Zweifel haben, dann klassifizieren wir sie folgerichtig auch nicht als nachhaltig.
  • Die Diskussionen darüber sind durchaus auch kontrovers – aber genau das braucht es auch, um unseren Kontrollen Rechnung zu tragen und glaubwürdig zu bleiben.

Wie funktioniert diese Governance in der Praxis? Dazu einige Beispiele...

  • Darlehen, Anleihenemissionen und Anlagen, die unsere Geschäftsbereiche als ESG-konform einstufen, werden vom Finanzbereich und von Group Sustainability validiert.
  • Im ersten Quartal 2021 haben wir rund 80 Transaktionen pro Monat untersucht.
  • Unser zweiwöchentliches Sustainable Finance Governance Forum prüft, ob die Ideen ESG-konform sind, und diese Prüfung ist intensiv und hart: Im ersten Halbjahr haben wir beispielsweise 14 Vorschläge geprüft und sechs abgelehnt.
  • Wie James erläutert hat, werden wir bis Ende nächsten Jahres alle relevanten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in kundennahen Bereichen – insgesamt rund 22.000 Menschen – ESG-Schulungen anbieten.

Regel 2: Verknüpfen Sie Ihre Ziele mit Anreizen – und mit der Vergütung

Um die Performance zu messen und zu steuern, arbeiten wir mit einer Balanced Scorecard.

Sie war ursprünglich nur für den Vorstand vorgesehen, mittlerweile haben wir sie aber auf rund 300 Top-Führungskräfte ausgeweitet:

Regel 2: Verknüpfung zu Anreizen und Vergütung

Natürlich fangen wir hier nicht bei Null an:

  • Fast alle dieser 300 Führungskräfte haben als Zielvorgabe, die Geschlechtervielfalt zu stärken und eine vorbildliche „Feedback-Kultur“ zu schaffen.
  • Rund die Hälfte von ihnen hat als Zielvorgabe, die Führungsstandards zu verbessern oder regulatorische Vorgaben umzusetzen.

Darüberhinaus haben wir für rund 50 Führungskräfte eine sogenannte „Franchise“-Komponente eingeführt, die an folgende Punkte anknüpft:

  • an das Volumen an ESG-Finanzierungen und -Anlagen;
  • an ESG-Ratings – hier nutzen wir einen Index, der sich aus den Bewertungen von fünf führenden Nachhaltigkeits-Ratingagenturen berechnet; und
  • an unseren eigenen Bankbetrieb – genauer gesagt, an den Energieverbrauch unserer selbstgenutzten Gebäude.

Wir führen von oben: bei den meisten Führungskräften hat die Erfüllung der ESG-Ziele den größten Einfluss auf die Vergütung.

Bei unseren Vorstandsmitgliedern macht der ESG-Leistungsfaktor im Rahmen der langfristigen Vergütung 20 Prozent der variablen Referenzvergütung aus.

Regel 3: Setzen Sie konkrete, kurzfristige Ziele – der Planet kann nicht warten

Klare, langfristige Ziele sind wichtig – aber darüberhinaus ist es unerlässlich, auch sehr konkrete, kurzfristige Ziele zu setzen.

Große Organisationen, darunter auch Banken, können sehr viel bewirken, sind aber zuweilen weniger wendig. Es ist also ratsam, frühzeitig anzufangen: Stellen Sie Ihre Organisation auf Ihre Ziele ein und setzen Sie kurzfristige Ziele.

Daraus ergeben sich einige Chancen:

  • Sie können das ESG-Performancemanagement als Katalysator nutzen, um die Dringlichkeit zu erhöhen – es gibt wenig Raum zum Herauszögern, oder wie es im Englischen so schön heißt: zum „Kicking the can down the road“.
  • Sie sind beweglich genug, um schnell zu reagieren! Sie können korrigierend eingreifen, wenn Sie hinter dem Zeitplan sind, oder die Messlatte höher legen, wenn Sie schneller vorankommen als geplant.
  • Sie sind von Anfang an vorne, also ein First Mover, und damit im Vorteil – denn Nachhaltigkeitskompetenzen werden in den kommenden Jahren ein Unterscheidungsmerkmal, das immer wichtiger wird.
  • Sie sind der Regulatorik einen Schritt voraus – und können ihn sogar mitgestalten!
    • Moody's hat dies erkannt, als die Ratingagentur vor kurzem die Kreditwürdigkeit der Deutschen Bank heraufstufte – im derzeitigen regulatorischen Umfeld war unser schnelles Vorankommen ein wichtiges Kriterium für diesen erfreulichen Schritt:

Regel3- Chancen durch kurzfristigen Fokus

Aber wie gut funktionieren kurzfristige Ziele? Unsere Erfahrung dazu ist wie folgt:

  • Ursprünglich hatten wir uns im Mai 2020 Fünfjahresziele gesetzt – wir wollten bis Ende 2025 ein Volumen an ESG-Finanzierungen und -Anlagen von mehr als 200 Milliarden Euro erreichen.
  • Im Mai dieses Jahres haben wir diese Ziele um zwei Jahre auf Ende 2023 vorverlegt. Mit anderen Worten: Wir haben die Messlatte höher gelegt, nachdem wir mehrere Quartale lang über unseren Zielvorgaben lagen.
  • Am 30. Juni belief sich das kumulierte ESG-Finanzierungs- und Anlagevolumen auf 99 Milliarden Euro – damit haben wir fast den halben Weg zu unseren Zielen für Ende 2023 bereits hinter uns, dank eines Rekordvolumens von 27 Milliarden Euro im zweiten Quartal.
  • Die Messlatte höher zu legen, hat also eindeutig Wirkung gezeigt. Unsere Geschäftsbereiche sind gewachsen und haben ihre eigenen Ziele übertroffen:

Regel3- Langfristige Vision kurzfristige Ziel 

Wie Sie sehen können, unterscheidet sich dieser Ansatz von dem einiger unserer engsten Wettbewerber. Sie haben zwar höhere Volumenziele ausgegeben, allerdings reichen diese weiter in die Zukunft.

Wir legen unseren Schwerpunkt aber nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität – wir möchten langfristig denken, aber kurzfristig handeln!

Regel 4: Setzen Sie granulare Ziele! Das stärkt Verantwortlichkeit

Es ist wichtig, die Ziele so tief wie möglich in der Organisation zu verankern – und zwar von unten nach oben und nicht von oben nach unten. Denn unsere Erfahrung ist:

  • Granularität stärkt die Verantwortlichkeit von Geschäftsbereichen, Teams und einzelnen Personen. Und das spornt unwahrscheinlich an.
  • Die Ziele sollten mit den Führungskräften verknüpft sein, aber auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergegeben werden, die tagtäglich mithelfen, sie umzusetzen.
  • Je detaillierter Ihre Ziele sind, desto leichter lassen sie sich sowohl in den normalen Geschäftsablauf als auch in die herkömmliche Leistungssteuerung einbetten.

Wie machen wir es in der Deutschen Bank?

Regel 4: Granularität schärft Zurechenbarkeit

  • Wir gliedern unsere Zahlen nach Geschäftsbereichen, Geschäftsfeldern, Kundensegmenten und Kategorien (E, S oder G).
  •  Immer wenn wir Ergebnisse vorlegen, kommunizieren wir auch über unsere Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit – nach jedem Quartal, Halbjahr und Geschäftsjahr. Kurz: Unsere Nachhaltigkeitsberichterstattung ist natürlicher Bestandteil der Finanzberichterstattung.
  • Damit senden wir ein starkes Signal: Wenn Nachhaltigkeit Teil des herkömmlichen – normalen – Performancemanagements ist, dann ist sie auch Teil unseres normalen Geschäfts.
  • Führende Analysten loben uns für diese Granularität – denn sie können so unser  Ertragspotenzial im ESG-Bereich besser einschätzen.

Regel 5: Seien Sie selektiv! Konzentrieren Sie sich auf die Ziele, mit denen Sie die größte Wirkung erzielen

Es ist wichtig, klar abzugrenzen, welche Produkte und Leistungen eingeschlossen sind und welche NICHT. Warum?

  • Unsere Führungskräfte konzentrieren sich auf die Dinge, die am meisten Wirkung versprechen.
  • Und: Das Risiko für tatsächliches oder vermeintliches Greenwashing sinkt.

Unser Ansatz ist deshalb: Wir machen klipp und klar, was genau wir zu nachhaltigen Finanzierungen und Anlagen zählen und was nicht:

Regel5- Zielgerichtete selektive Ziele

Dazu zählen wir:

  • Finanzierungen – also Darlehen und andere Fremdkapitalinstrumente;
  • Emissionen am Kapitalmarkt – beispielsweise, in welchem Ausmaß wir als sogenannter Bookrunner bei grünen oder sozialen Anleihen mandatiert sind; und natürlich
  • Anlagen – also der Bestandswert der ESG-Fonds und anderer Vermögenswerte, die jeweils zum Ende eines Berichtszeitraums in der Privatbank verwaltet werden.

NICHT dazu zählen wir:

  • Fusionen und Übernahmen – weil der Finanzberater bei einer Fusion und Übernahme keine Kontrolle darüber hat, ob die Transaktion tatsächlich den angestrebten oder behaupteten Umweltnutzen bringt.
  • die DWS – weil unser Vermögensverwalter ein unabhängiges Unternehmen ist, das eigenständige Definitionen und Ziele hat.

Zur Transparenz, die wir herstellen wollen, gehört auch, dass Sie jederzeit unser Rahmenwerk für nachhaltige Finanzierungen auf unserer Webseite einsehen und herunterladen können.

Werden wir noch etwas konkreter. Lassen Sie mich einige Beispiele dafür geben, welche Transaktionen wir als nachhaltig einstufen:

  • Wir waren beispielsweise Bookrunner bei drei Sozialanleihen für die Europäische Union im Rahmen ihres SURE-Programms (Support to mitigate Unemployment Risk in an Emergency – Unterstützung zur Minderung des Arbeitslosigkeitsrisikos in einer Notsituation). Die jüngste Emission dieses Programms war eine Doppeltranche in Höhe von 14 Milliarden Euro im Mai.
  • In Deutschland haben wir vor kurzem ein nachhaltigkeitsbezogenes Darlehen für Dr. Babor vergeben, einem fortschrittlichen Kosmetikunternehmen. Geplant ist, die Anlagen in der Nähe von Aachen zu erweitern – mit dem Ziel, in fünf Jahren die CO2-Emissionen um 50 Prozent zu senken. Wird diese Zielmarke erreicht und von einem unabhängigen Gutachter bestätigt, dann wird das Darlehen aus Sicht von Dr. Barbor billiger. Wird die Zielmarke aber nicht erreicht, dann muss Dr. Barbor einen Betrag an eine Klimaschutz-Organisation spenden, die Projekte zur Kompensation von CO2 finanziert. Mit anderen Worten: Wir unterstützen diesen Kunden auf dem Weg zur CO2-Neutralität – und geben auch konkrete Anreize dafür.
  • In den USA haben wir für das Unternehmen SB Energy Projekte mit einer Kapazität von 1,7 Gigawatt finanziert – mit dem Ziel, ältere, kohlebefeuerte Kraftwerke in Texas stillzulegen und gleichzeitig Solarkapazitäten aufzubauen, um braune Energie durch grüne zu ersetzen.
  • ‚Anlagen“ umfassen ESG-Vermögenswerte in unserer Privatkundenbank, die zum Beispiel in ESG-Investmentfonds verwaltet werden.

Regel 6: Praktiziere, was du predigst!

Ein ESG-Performancemanagement, das für externe und interne Interessengruppen glaubwürdig ist, verlangt auch, dass es messbare Fortschritte gibt.

Hierzu zwei Beispiele aus unserem Haus:

  • Wir haben unser Kreditengagement für kohlenstoffintensive Unternehmen innerhalb von fünf Jahren um ein Fünftel gesenkt; und
  • die jüngsten Analystenberichte zeigen, dass unser Engagement in kohlenstoffintensiven Branchen im Verhältnis zu unserem Kreditbuch deutlich unter dem Durchschnitt der führenden internationalen Banken liegt.

Damit senden wir eine weitere, eindeutige Botschaft: Wenn wir sagen, dass wir mit unseren Kunden einen klaren grünen Weg vereinbaren werden, der den Zielen des Pariser Abkommens entspricht, dann wissen alle, dass wir es ernst meinen.

Regel6- Fortschritte steigern die Glaubwürdigkeit

Regel 7 – die wichtigste: Performancemanagement muss nachprüfbare Wirkung entfalten!

Es ist äußerst wichtig, die ESG-Performance so zu steuern, dass sie eine echte Wirkung auf die Welt um uns herum entfaltet.

Richten Sie Ihr Performancemanagement deshalb an einem soliden externen Maßstab aus.

Wir machen es wie folgt:

Wir klassifizieren unser Geschäft nach den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen.

Regel7- Nachprüfbare Wirkung entfalten

Die Zuteilung ist teils eine Kunst, teils auch eine Wissenschaft.

Und, ja: Natürlich überschneiden sich die 17 Ziele in gewisser Weise.

Aber sie sind wichtige, externe Bezugspunkte, um die oben beschriebene Wirkung zu bestimmen.

Mit alldem ist es aber immer noch nicht getan – Wir müssen noch mehr tun, um unser Performancemanagement und die Wirkung auf die Umwelt zu verknüpfen. Künftig heißt das für uns:

  • Wir werden die Treibhausgasemissionen in Verbindung mit unserem Kreditportfolio senken. Dafür werden wir die Kohlenstoffintensität unseres Kreditportfolios bis Ende 2022 offenlegen.
  • Wir werden unsere Bilanz mit Hilfe der sogenannten Green Asset Ratio steuern, also dem Anteil der ESG-Aktiva am Bankbuch. Diesen Anteil werden wir bis Mitte 2022 bekanntgeben.
  • Wir werden gemeinsam mit unseren Kunden deren CO2-Fußabdruck ermitteln.
  • Gemeinsam mit anderen Marktteilnehmern werden wir Modelle dafür entwickeln, wie sich unsere Geschäftstätigkeit auf andere Bereiche auswirkt: zum Beispiel auf den Wasserverbrauch, auf die Flächennutzung, auf die biologische Vielfalt und auf soziale Faktoren.

Fazit und Schluss

Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen.

Erstens: Ein rigoroses ESG-Performancemanagement ist absolut entscheidend, damit die Nachhaltigkeitsstrategie glaubwürdig ist und auch erfolgreich umgesetzt werden kann.

Zweitens: Das ESG-Performancemanagement wird an Schlagkraft gewinnen, wenn wir in der Lage sind, uns auf einheitliche, vergleichbare Ansätze in der gesamten Branche zu einigen. Um dies zu erreichen, werden Banken, Regulierungsbehörden, politische Entscheidungsträger und Experten eng zusammenarbeiten müssen.

Drittens: Damit ein ESG-Performancemanagement seine ganze Wirkung entfalten kann, muss es:

  • durch eine starke Governance gestützt werden, beginnend von ganz oben;
  • mit Anreizen und der Vergütung verknüpft werden;
  • auch kurzfristig ausgerichtet sein – als Katalysator für schnelles Handeln;
  • ins Detail gehen, um Verantwortlichkeiten eindeutig zuzuweisen;
  • klar und transparent benennen, was enthalten ist und was nicht;
  • durch messbare Fortschritte untermauert werden
  • und vor allem: die Zeit von Ambition zur Wirkung so knapp wie möglich bemessen.

Vielen Dank für Ihre Geduld und Ihre Aufmerksamkeit.

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