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Klimakrise: Ist grüne Technologie der Ausweg?

Grüner Wasserstoff als Antrieb, CO2 aus der Luft filtern, Kernfusion als Superkraft. Lässt sich der Klimawandel mit diesen Technologien verlangsamen, vielleicht sogar stoppen, ohne dass wir unsere Vorstellungen von Wachstum und Wohlstand in Frage stellen müssen? Diesen Fragen wollen wir in unserem aktuellen Dossier nachgehen.

Verbrauch fossiler Brennstoffe auf Allzeithoch

Wirtschaftswachstum und eine Mehrung des Wohlstands gehen seit der Industriellen Revolution einher mit einem steigenden Verbrauch fossiler Energien, der Hauptursache für die menschengemachte Klimakrise. Der „Carbon Atlas“ zeigt beispielsweise sehr eindrucksvoll am Fall Chinas, wie steigender Wohlstand mit einem wachsenden CO2-Ausstoß korreliert

Gleichzeitig hat der Weltklimarat in seinem jüngsten Sachstandsbericht, dem „IPCC Report“, eindrücklich gewarnt, dass uns die Zeit wegläuft, um die Pariser Klimaziele noch zu erreichen. Bis 2030 müssten dafür die Emissionen um 50 Prozent im Vergleich zu 2019 verringert werden, im Jahr 2040 gar um 80 Prozent. Zwar zeigte sich in den 2010er-Jahren ein etwas abgebremster Anstieg der Emissionen – eine Trendumkehr ist aber noch nicht erreicht. 

Und es ist auch klar: Mit jeder Verzögerung, mit jedem Zehntel Grad Temperaturanstieg, werden die Folgekosten des Klimawandels steigen. Bereits jetzt leben schätzungsweise 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen weltweit in Regionen, die durch den Klimawandel unbewohnbar werden könnten. Es müssen also sehr zügig Wege gefunden werden, ganze Branchen in eine emissionsfreie Zukunft zu führen. Die Deutsche Bank arbeitet gemeinsam mit ihren Kunden an der Finanzierung dieser Transformation.

Ausweg Green Tech?

Treibhausgas Emissionen pro Sektor

„Wir sind auf dem Weg in die Klimahölle und drücken immer noch das Gaspedal“ – so drastisch hat es UN-Generalsekretär António Guterres im Vorfeld der jüngsten Klimakonferenz, der COP27 im ägyptischen Sharm El Sheikh formuliert. Und verlangt, dass die Anstrengungen beim Ausstieg aus fossilen Brennstoffen deutlich beschleunigt wird.

Tatsächlich ist der Energieverbrauch in der industriellen Produktion und im privaten Konsum der größte Treiber des Klimawandels: Er ist verantwortlich für mehr als 70 Prozent der Treibhausgase in unserer Atmosphäre.

Die Autoren des IPCC Reports sehen in einem konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien aktuell auch den größten Hebel, um den Klimawandel zu stoppen.   

Energiekrise: Schub für Erneuerbare?

Die internationale Energieagentur (IEA) kommt in ihrem Ausblick 2022 ganz klar zu dem Schluss, dass die aktuelle Energiekrise eine starke Triebfeder für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist. Der Leiter der IEA, Fatih Briol, spricht gar von einem historischen Wendepunkt. Die Kapazitäten dürften sich global in den nächsten fünf Jahren verdoppeln und Kohle als größte Quelle für die Strom-Erzeugung ablösen. Insbesondere in den großen Märkten China, USA und in der EU haben die Regierungen im Licht der Energiekrise weitere massive Investitionsprogramme aufgelegt, die den Ausbau beschleunigen. Solar und Wind sind dabei in allen Regionen die Spitzenreiter.  

Bereits jetzt sind laut der International Renewable Energy Agency (IRENA) fast zwei Drittel (62 Prozent) der erneuerbaren Energien kostengünstiger als die günstigste fossile Energiequelle. Insgesamt eine ermutigende Tendenz.

Martin Stuchtey, Gründer der Denkfabrik Systemiq und der Landbanking Group, sieht es ähnlich: „2015, im Jahr des Pariser Klimaabkommens, waren null Prozent der erforderlichen Technologien im Status kommerzieller Marktreife. Heute ist ungefähr ein Viertel markttauglich und kommerziell konkurrenzfähig. Und wir erwarten, dass dieser Anteil im Jahr 2030 vielleicht schon bei drei Viertel liegen wird.“

Grüne Technologien brauchen weltweit Investitionen

Allerdings müssten Schwellen- und Entwicklungsländer laut einem IEA-Bericht ihre Investitionen bis 2030 versiebenfachen, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen: von 140 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 auf mehr als eine Billion US-Dollar im Jahr 2050. Von daher wurde auf der COP27 auch nachdrücklich gefordert, dass die Industrieländer ihren Transferleistungen für die ärmsten Länder endlich nachkommen – schließlich geht der Großteil der Emissionen historisch gesehen auf ihr Konto.

Welche Chancen bringen Technologien, die noch nicht konkurrenzfähig sind?

Beispiel CO2-Abscheidung, bei der Kohlenstoff-Dioxid mit unterschiedlichen Verfahren aus der Luft abgeschieden und dann unter der Erde oder auf dem Meeresboden gelagert wird. Hier war der Weltklimarat noch vor zwei Jahren skeptisch. Man hatte Sorge, dass Investitionen in diesen Bereich dann woanders fehlen, nämlich beim Umstieg auf erneuerbare Energien. Das könnte ein falsches „weiter so“-Signal an die Industrie senden.

Heute sieht der Weltklimarat CO2-Abscheidungen als ein wichtiges Verfahren unter vielen an, um die Klimaziele zu erreichen. Zumal es Bereiche gibt, in denen sich CO2-Emissionen höchstwahrscheinlich nie ganz vermeiden lassen, wie beispielsweise die Zement-, Kalk- und Glasindustrie.

Neben der CO2-Abscheidung eroberte das Thema Kernfusion im vergangenen Dezember die Schlagzeilen, da es Forschern in den USA nun erstmals gelungen war, bei der Kernfusion mehr Energie zu erzeugen, als hineinzustecken. Bei aller Euphorie über diesen Durchbruch sind Forscherinnen hier jedoch skeptisch, da es noch Jahrzehnte dauern kann, bis sich die Technologie für eine kommerzielle Nutzung lohnt.

Zukunftsmarkt grüner Wasserstoff

Verglichen mit CO2-Abscheidung und Kernfusion ist Wasserstoff schon vielfältig im Einsatz. Zahlreiche Länder haben in den vergangenen Jahren Strategien dafür erarbeitet, also festgelegt, wie sie diese Zukunftstechnologie fördern möchten. Grüner Wasserstoff kann insbesondere in der Stahl- und Schwerindustrie Emissionen senken und in der Mobilität und im Transport überall dort zum Einsatz kommen, wo eine Elektrifizierung unmöglich oder zu teuer ist, beispielsweise auf der Schiene, zu Wasser und in der Luft.

Da die erneurbaren Energien, die für die grüne Wasserstoff–Produktion gebraucht werden, im Aufwind sind, sieht die „International Renewable Energy Agency“ (IRENA) jetzt den richtigen Zeitpunkt, um den Wasserstoffmarkt verstärkt zu fördern.

Ähnlich sieht es unser Experte Eric Heymann. Für ihn ist grüner Wasserstoff jedoch (noch) kein Allheilmittel, sondern vielmehr ein Puzzleteil im weltweiten Energien-Mix. Aktuell seien die mit dem Einsatz verbundenen Kosten wie Umrüstung, Kühlung und Transport noch hoch, daher müsse es mehr öffentliche und private Investitionen geben. Welche Regionen sich auf dem Gebiet als „Champion“ durchsetzen, sei noch nicht entschieden.

Am Beispiel Wasserstoff zeigt sich auch, wie wichtig eine berechenbare öffentliche Förderung für diejenigen ist, die eine Technologie entwickeln. Unser Kunde Alstom ist einer der führenden Hersteller wasserstoffbetriebener Züge. Aktuell liegen die Anschaffungskosten für einen wasserstofffähigen Zug jedoch noch höher als die von Dieselzügen. Deutschland schießt im Rahmen seiner Wasserstoff-Förderung 40 Prozent der Mehrkosten für die Anschaffung zu. Deswegen fahren wasserstoffbetriebene Züge von Alstom bereits in Niedersachsen und Hessen.

Mit Satellitentechnik Waldbrände erkennen

Die kommerzielle Raumfahrt ist noch eine junge Disziplin – entwickelt sich aber gerade rasant. Ihre Techniken können gegen Folgen der globalen Erwärmung helfen, wie zum Beispiel gegen Waldbrände. Das Raumfahrt-Start-up OroraTech aus München schickt dazu eigene Wärmebildkameras auf Kleinstsatelliten ins All und hilft damit Kunden, Waldbrände früher zu erkennen.

Datenökonomie und CO2-Emissionen

Während Sie diesen Artikel online lesen: wissen Sie, dass der Transfer von Daten inzwischen zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen erzeugt? Das ist auch ein wichtiges Thema für uns als Bank. Wir setzen immer stärker auf Technologie und Daten und suchen hier nach Wegen, unseren CO2-Fußabdruck zu verringern, wie zum Beispiel mit cloudbasierten Lösungen.

Kann Technologie ein Ausweg aus der Klimakrise sein? Die Autor*innen dieses Dossiers meinen: ja, es braucht aber eine klare Strategie, politischen Willen, Kapital, Tempo und eine Offenheit gegenüber Innovationen auf allen Ebenen. Und Technologie ist natürlich nicht der einzige und nicht immer der beste Weg, etwas gegen den Klimawandel zu tun. Wenn es zum Beispiel um die Frage geht: mit dem Fahrrad zum Bäcker fahren oder dem E-Auto? Eines ist aber klar: es muss gehandelt werden. Schnell. 

Sonja Dammann

Sonja Dammann

… entwickelt digitale Formate im Deutsche Bank Kommunikations-Team. Sie ist fasziniert davon, was technisch bereits möglich ist, um dem Klimawandel zu begegnen und welche kreativen unternehmerischen Ideen es gibt – und hofft, dass sie genügend Unterstützung bekommen, um den großen Durchbruch schaffen.

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