Jamida und seine Frau Yati. Quelle: GPFM

Wurzeln des Wandels: Gegen das Artensterben in Malaysia

Eine Friedensstiftung in Malaysia unterstützt bedrohte Ureinwohner mit regenerativer Landwirtschaft und stärkt damit die Artenvielfalt.

Früher konnte Jamida vom Wald leben: Er sammelte dort Rattan, Damar-Holz oder -Harz und die Gewürzpflanze Bertram und konnte damit bis zu 40 Malaysische Ringgit pro Tag verdienen, was etwa acht Euro entspricht. Denn früher war seine Heimat, die Gegend um Bukit Biru in Malaysia, reich an Wäldern, erzählt der 53-Jährige.

Doch sie wurden abgeholzt und Jamida und viele andere Ureinwohner verloren ihre bisherige Lebensgrundlage. Sie waren gezwungen, das Jagen und Sammeln aufzugeben und versuchten, mit konventioneller Landwirtschaft Geld zu verdienen und ihre Familien zu ernähren. Weil sie auf den Böden nur bestimmte Pflanzen wie Maniok, Bananen und Gummibäume anbauen konnten, sank Jamidas Tagesverdienst auf etwa 15 Ringgit. Seine Familie geriet in die Armut, ebenso wie andere im Dorf. 

Die Corona-Pandemie verschärfte die Lage noch. Manche in Jamidas Gemeinde begannen, auf einer nahegelegenen Mülldeponie nach Wertstoffen zu suchen, die sich verkaufen ließen. Schließlich kümmerte sich die Friedensstiftung „Global Peace Foundation Malaysia“ um diese prekäre Situation und versorgte 900 Familien mit Lebensmitteln, unter anderem mit Hilfe der Deutschen Bank, die spendete und beim Spendensammeln half. 

Die Global Peace Foundation Malaysia (GPFM) hilft seit 2016 unterversorgten indigenen Gemeinschaften wie der von Jamida. Sie hat in über 100 Dörfern in West- und Ostmalaysia an Projekten für sauberes Trinkwasser, Energie, Bildung, nachhaltige Landwirtschaft, Lebensunterhalt und Artenvielfalt gearbeitet. Gemeinsam mit den Ortsgemeinschaften packen sie die Probleme an der Wurzel. 

Unser Ziel war es, nachhaltige Lösungen zu finden, die mit den Werten der Orang Asli und ihrer Rolle als Hüter des Waldes in Einklang stehen. Sie mussten das Problem der Bereitstellung nahrhafter, gesunder Lebensmittel auf kostengünstige Weise lösen und gleichzeitig die Artenvielfalt ihres Ökosystems verbessern.Teh Su Thye

Bereichern statt ausbeuten 

Dr. Teh Su Thye, Geschäftsführer von GPFM, sagt: „Unser Ziel war es, nachhaltige Lösungen zu finden, die mit den Werten der Orang Asli und ihrer Rolle als Hüter des Waldes in Einklang stehen. Sie mussten das Problem der Bereitstellung nahrhafter, gesunder Lebensmittel auf kostengünstige Weise lösen und gleichzeitig die Artenvielfalt ihres Ökosystems verbessern.“ 

Die Lösung, für die sie sich entschieden haben: syntropische Agroforstwirtschaft. Entwickelt hat sie der Schweizer Landwirt und Forscher Ernst Götsch. Anfang der 1980er Jahre begann er seine Methode in Brasilien anzuwenden. Sie definiert die Landwirtschaft neu als einen Prozess, der natürliche Ökosysteme nicht ausbeutet, sondern bereichert. Während konventionelle Landwirtschaft Böden oft auslaugt und zu weniger Artenvielfalt führt, ahmt Götschs Methode die komplexen Wechselbeziehungen von natürlichen Wäldern nach. Dazu gehört, verschiedene Arten wie Bäume, Sträucher und Nutzpflanzen so zu kultivieren, dass Symbiosen entstehen.

Infografik Biodiversität. Quelle: GPFM

Degenerative Landwirtschaft im Gegensatz zur regenerativen Landwirtschaft. Diese verbessert das Ökosystem sowie die Fruchtbarkeit der Böden und erhöht die Artenvielfalt. Quelle: Global Peace Foundation Malaysia

Im Kern geht es bei der syntropischen Agroforstwirtschaft darum, ein sich selbst erhaltendes, regeneratives Ökosystem zu schaffen, in dem jede Pflanze, vom höchsten Baum bis zum kleinsten Strauch, zur Gesundheit des Ganzen beiträgt. Befürworter sprechen vom „Netzwerk der Wurzeln“. Bäume spenden Schatten und schützen den Boden vor Erosion, während Sträucher und Bodendecker die Feuchtigkeit speichern und unerwünschte Pflanzen in Schach halten. Die pflanzliche Vielfalt führt auch dazu, dass sich viele Tiere dort wohlfühlen und der Lebensraum im Gleichgewicht bleibt.

Während Monokultur-Landwirtschaft nicht nur die oberirdische Vielfalt beschränkt, sondern auch die Lebewesen im Erdreich verringert, fördert die syntropische Agroforstwirtschaft die Bodengesundheit.

Schulung der Bauern. Quelle: GPFM

Die Landwirte werden geschult. Quelle: Global Peace Foundation Malaysia

Frieden und Wohlstand dank syntropischer Landwirtschaft 

Malaysias erste syntropische Agroforstwirtschaft gedieh in Kota Tinggi, Johor – unter dem Namen „A Little Wild“. Deren Fachleute halfen GPFM dabei, die Methode an weiteren Orten anzuwenden. Die Deutsche Bank unterstützte das finanziell. Man ermutigte und schulte die Menschen, gab ihnen Wissen, Werkzeug und Setzlinge. Sie tauschten dann von Dorf zu Dorf Erfahrungen aus und gewannen ihre Eigenständigkeit zurück, wurden wieder resilienter. Die Agroforstwirtschaft hat viel gemeinsam mit dem traditionellen Wissen der Orang Asli und nun wachen sie wieder über das natürliche Gleichgewicht, das ihre Lebensgrundlage ist.

Syntropische Landwirtschaft ist wie ein Netzwerk von Wurzeln. Die Pflanzen gedeihen, indem sie sich gegenseitig helfen. Mamak Ali

Jamida und seine Yam-Ernte. Quelle: GPFM

Stolz hält Jamida eine Yamswurzel in die Kamera, die er aus einem Sämling gezogen hat. Quelle: GPFM

Ein besseres Leben 

Das Leben von Jamida und seinem ganzen Dorf hat sich zum Positiven gewendet: „Unser Hof floriert. Wir haben unsere Produkte geerntet“, sagt er und hält stolz eine Yamswurzel hoch, die er aus einem Sämling gezogen hat. Er verdient jetzt bis zu 800 Ringgit pro Monat – durch den Anbau von Obst und Gemüse wie beispielsweise Zitronengras, Mais, Okra, Chilischoten, Ananas, Bananen, Stachelannone, Kokosnuss und Durian. Viel mehr Arten als früher möglich waren. Einen Teil der Ernte isst die Familie, der Rest wird verkauft.

 

Jamida und seine Frau mit Lemongras

 Jamida und seine Frau Yati mit Zitronengras. Quelle: GPFM

„Syntropische Landwirtschaft ist wie ein Netzwerk von Wurzeln. Die Pflanzen gedeihen, indem sie sich gegenseitig helfen. Es ist ein wirklich bemerkenswertes Konzept“, sagt Mamak Ali, einer der Orang Asli, die von GPFM unterstützt werden.

Das Ergebnis der Zusammenarbeit der malaysischen Friedensstiftung GPFM und der Ureinwohner (Orang Asli) ist eine Erfolgsgeschichte und zeigt, wie nachhaltige Entwicklung gelingt und Mensch und Natur gedeihen.

 

Joanne Liu schrieb diesen Artikel gemeinsam mit Jill Winter. Er wurde im November 2024 veröffentlicht. 

Bewohner von Kg Bukit Biru mit Lemongrasernte. Quelle: GPFM

Deutsche Bank und die Global Peace Foundation

Als Unternehmen sind wir nicht nur Teil der Gesellschaft – wir gestalten sie aktiv mit und fördern weltweit eine Kultur des Gebens, um das Leben der Menschen um uns herum zu bereichern. Gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden engagieren wir uns für den Wandel – für die Gesellschaft von heute und die Generationen von morgen. Der Erhalt und Schutz der Natur sind für das Wohlergehen der Menschen und des Planeten unerlässlich.

In Partnerschaften – wie beispielsweise mit der Global Peace Foundation Malaysia – engagieren wir uns für ein besseres Klima und grüne Städte, fördern Artenvielfalt und schützen gefährdete Arten. Wir fördern Projekte, die einen positiven Beitrag leisten für Ozeane und Küsten, Flüsse und Feuchtgebiete, Wälder, Ackerland und städtische Grünflächen. Darüber hinaus wollen wir mit Umweltinitiativen aufklären und tieferes Verständnis dafür schaffen, warum wir uns alle um die Umwelt kümmern müssen. Unsere Kolleginnen und Kollegen engagieren sich in unseren Projekten und erfahren so aus erster Hand, warum intakte Ökosysteme und Artenvielfalt für uns alle so wichtig sind.

Joanne Liu

Joanne Liu

… arbeitet in unserem Londoner Team für soziale Verantwortung. Sie kümmert sich um Spenden und ehrenamtliches Engagement (Volunteering) im Konzern. In ihrer Freizeit geht sie gerne wandern und pflückt Brombeeren. Sie ist überzeugt davon, dass gesunde Ökosysteme die Grundlage für alles Leben auf der Erde sind.

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