Jeder Quadratmeter zählt
Wenn jeder Mensch etwas zur Artenvielfalt beiträgt, können wir viel bewirken. Wir haben unsere Mitarbeitenden rund um die Welt gefragt, was sie persönlich tun. Und wir sind beeindruckt: Die Kollegen haben da so einige Ideen.
Wenn Almir Kolari über Oliven spricht, strahlen seine Augen vor Glück. Schon als Kind hat er Olivenöl an den Stränden von Ulcinj verkauft, seiner Heimatstadt in Montenegro. Dort wachsen rund 175.000 Olivenbäume – und mehr als 250 davon gehören heute Almir. 2010 hat er mit seinem Vater ein verwildertes Stück Land gekauft, es mühsam urbar gemacht und dann viele Bäume gepflanzt, sowohl einheimische Sorten als auch gezüchtete, die für stabilere Ernteerträge sorgen.
Im Hauptberuf berät Almir große Kunden der Deutschen Bank zum Thema Zahlungsverkehr und Handelsfinanzierung. In seiner Freizeit kümmert er sich um die Landwirtschaft, teils vor Ort gemeinsam mit seinem Bruder und teils virtuell, denn Almir lebt in Frankfurt. Die Brüder verzichten auf Pestizide, spritzen ihre Bäume mit Brennnesseljauche, düngen mit Gülle. Außerdem bewässern sie gezielt und sparsam mit einem Tropfsystem, legen Schafwolle unter die Bäume, in der Nützlinge sich wohlfühlen und Schädlinge sich verfangen. Die Zweige schneiden sie so, dass der Baum langfristig eine gute Ernte bringt und Vögel darin ihre Nester bauen können.
Almirs nächstes Ziel ist es, Touristen auf seinem Olivenhain zu beherbergen: Er baut eine Anlage mit 25 Quadratmeter kleinen Holzhäusern, damit die Gäste erleben können: Es braucht nicht viel, um glücklich zu sein.
Ein weiterer Deutsche-Bank-Mitarbeiter ist Landwirt: Vittorio Nuti leitet ein Team von Händlern in unserer Investmentbank und erbte vor mehr als zehn Jahren von einer Tante ein Stück Land in der Toskana. Er verwandelte die Brache in eine zertifizierte Bio-Landwirtschaft. Fruchtfolge und Gründüngung sind zwei seiner Arbeitsweisen: Er baut immer wieder andere Pflanzen an, beispielsweise Hülsenfrüchte, die den Boden locker halten und seinen Stickstoffgehalt erhöhen.
Wie wir konsumieren
Kleinere Erzeuger von Bio-Lebensmitteln wie Vittorio müssen viel erklären, wenn sie dauerhaft Kunden für ihre Produkte finden wollen: Warum ist das Olivenöl teurer als konventionell erzeugtes, warum schmeckt es nicht jedes Jahr gleich, warum ist das Öl auch mal ausverkauft oder die Pasta aus einer anderen Getreidesorte als Weizen?
Es blühen viele wilde Kräuter und Pflanzen, und ja, auch das, was manche Menschen als Unkraut bezeichnen. Aber dies bietet Lebensraum für viele Insekten, Bienen und Schmetterlinge.
Mit unseren Kaufentscheidungen haben wir einen Einfluss auf die Artenvielfalt und das Klima: Das betont auch Sascha Merk aus unserer Postbank-Filiale in Kempten, der schon seit vielen Jahren Honigbienen-Völker auf mehreren Hektar Naturwiese hält. „Kauft bei Imkern und Hofläden in eurer Nähe ein, unterstützt sie“, appelliert er.
Seine Wiese sei sich selbst überlassen, sagt Sascha. Und so ähnlich halten es auch mehrere Mitarbeitende mit ihren Gärten:
Janine Müller, die sich in der Bank um technische Prozesse im Zusammenhang mit Baufinanzierungs-Kunden kümmert, lässt Teile ihres Grundstücks absichtlich verwildern: „Es blühen viele wilde Kräuter und Pflanzen, und ja, auch das, was manche Menschen als Unkraut bezeichnen. Aber dies bietet Lebensraum für viele Insekten, Bienen und Schmetterlinge“, sagt sie. Ein Nachbar kippte ihr deswegen mal einen Eimer Unkrautvernichtungsmittel über den Zaun. Sie sagt, es brauche Mut – und wohl auch viel Geduld und Gelassenheit – zu erklären, dass die wildere Natur nicht aus Nachlässigkeit Raum greift, sondern mit Absicht. Und dass dies dem Artenreichtum dient.
Oliver Spielmann, der Nachhaltigkeits-Projekte in unserer Privatkundenbank leitet, lebt das auch privat: „Wir haben auf unserem Grundstück alte Tannen, die der Borkenkäfer erledigt hat, umgelegt, aber nicht geschreddert, so dass sich dort zahlreiche Wildbienen einnisten konnten. Den hinteren Teil des Gartens lassen wir in Maßen verwildern. Zwischen den Wildkräutern und hohen Gräsern haben wir schon Blindschleichen, Feuersalamander, Frösche und Maikäfer entdeckt.“
Aufgeben ist keine Option
Von falsch anerzogenem Ordnungsempfinden, das einem naturnahen Garten entgegenstehe, spricht Annett Pannier-Hoffman, eine Mitarbeiterin, die in Schkeuditz für unsere Abteilung gegen Finanzkriminalität arbeitet. Sie setzt in ihrem Kleingarten auf heimische Pflanzen, verzichtet auf Chemie und gibt ihr Wissen gern weiter – was nicht immer gut ankomme: „Aber aufgeben ist keine Option, jeder Quadratmeter zählt.“
„Schon ein oder zwei Quadratmeter mit heimischen Pflanzen können viel dazu beitragen, wieder mehr Insekten und Vögel in unseren Städten zu haben“, sagt Catherine Minor, eine DWS-Immobilienexpertin in San Francisco. In ihrem Schmetterlingsgarten hat sie sogar schon den bedrohten Monarchfalter zu Gast gehabt.
Jeder Quadratmeter zählt.
Auch ein Balkon kann zum Artenschutz beitragen, beispielsweise mit Bestäuber-freundlichen Pflanzen. Tanja Kiessling, Datenschutz-Mitarbeiterin in der DWS, stellt Insekten auch Wasser zur Verfügung – nicht nur dann, wenn sie die anlocken will, um ihr selbst angebautes Gemüse zu befruchten.
Auch ein Garagendach kann Lebensraum bieten. Michael Prenzel aus unserer Abteilung gegen Geldwäsche hat seines begrünen lassen und freut sich über den Anblick und viel Besuch von Schmetterlingen und Bienen. Die Stadt Frankfurt hat das grüne Dach durch ein Förderprogramm zur Hälfte bezahlt.
Lottospielen für den Igelschutz
Sharon Baker hätte lieber gleich ein ganzes Feld, auf dem sie ein Igelparadies schaffen möchte. „Wenn ich in der Lotterie gewinne, würde ich das als Erstes machen“, sagt sie. Denn verletzte oder kranke Igel zu retten, kostet sie viel Zeit und Geld, vor allem für Medikamente und tierärztliche Hilfe. Im vergangenen Jahr hat Sharon, die im regionalen Management der Deutschen Bank in Birmingham arbeitet, 186 Igel in ihrem Haus im Süden der Stadt versorgt und fürchtet, dass es dieses Jahr noch mehr sein werden. Oft sammelt sie auf dem Heimweg vom Büro noch hilfsbedürftige Igel auf, die ihr tagsüber gemeldet worden sind.
Als größte Igel-Gefahr sieht sie den Verlust an Lebensräumen, beispielsweise durch zu aufgeräumte Landschaften und Gärten, und warnt eindringlich vor Rasentrimmern. Besonders die leistungsstarken mit Klingen richteten Igel oft schlimm zu. Deshalb hat sie dafür gesorgt, dass die Stadt Birmingham ihre Freischneider mit einem Warnhinweis beklebt hat, der zum vorsichtigen Arbeiten auffordert. Neben der aufwendigen Igelpflege an sich macht Sharon Öffentlichkeitsarbeit für den Igelschutz, sammelt Spenden und gewinnt mit ihrer herzlichen Art auch immer wieder Menschen, die ihr helfen. „Ich bin fest entschlossen, dass dieses ikonische Wildtier überlebt“, sagt sie.
Amsel, Drossel, Fink und Star – und die ganze Vogelschar
Auch Raik Herzig aus unserem IT-Bereich will bestimmte Arten vorm Aussterben retten: Er züchtet exotische Fasane und Ährenträgerpfauen. Das sind Vögel, die im Washingtoner Artenschutzabkommen aufgeführt sind und als schutzbedürftig vor Wilderei und internationalem Handel gelten. Als Mitglied des Fasanen-Weltverbands (World Pheasant Association) setzt Raik sich auch finanziell für Artenschutzprojekte in Asien ein: „Die Lebensräume dieser Tiere sind dort stark bedroht, unter anderem durch Urwaldrodungen, und es gibt wenig staatlich finanzierten Vogelschutz”, erklärt er.
Manche unserer Mitarbeitenden mähen ihre Wiese, „die früher einmal ein Rasen war“, wie einer sagt, nur noch wenige Male im Jahr, zum Wohle der Insekten und für mehr Pflanzenvielfalt. Er stellte fest, dass dadurch auch viel mehr Vogelarten in seinem Garten auftauchen: früher nur drei, heute neun verschiedene.
Meditatives Sensen und optischer Gewinn
Hendrik Roth, Beschwerdemanager in unserer Privatkundenbank, geht noch weiter: „Etwa 90 Prozent der am Boden lebenden Insekten werden durch Rasenmäher und Mähroboter aufgesaugt. Deswegen mähe ich unsere 500 Quadratmeter Wiese mit der Sense.“
Dadurch entstehe eine etwas höhere Grasnarbe, wodurch die Fläche wesentlich unempfindlicher gegen Trockenheit und Hitze sei. Und er empfindet das Sensen als „eine wunderbare Tätigkeit, fast schon meditativ“.
Wenn Hendrik Bäume und Büsche schneidet, füllt er mit dem, was für andere nur Biomüll wäre, seine Benjeshecke. „Das bietet Insekten und Vögeln Lebensraum und ist optisch ein Gewinn, im Vergleich mit dem Maschendrahtzaun, der dort früher war. Das Schnittgut muss ich weder häckseln noch entsorgen – das spart Zeit und Arbeit“, sagt er.
Ausgezeichnete Gärten
Einige Gärten beeindrucken auch offiziell und haben Preise gewonnen. Baufinanzierungs-Mitarbeiter Sven Franke wurde für seinen vogelfreundlichen Garten vom Bayerischen Landesamt für Umwelt ausgezeichnet.
IT-Kollege Manfred Bornholt hat für das Projekt „Kleingarten trifft Naturschutz“ schon mehrere Wettbewerbe gewonnen und Fördergelder bekommen. Er hat auf einem 2300 Quadratmeter großen Hang neben der Eisenacher Kleingartenanlage „Sonnenschein“ verschiedene Lebensräume geschaffen, beispielsweise Insektenhotels, Steinhaufen, eine wilde Wiese mit Feucht-Biotop.
Mitgeholfen haben unter anderem einige Mitarbeitende aus der Deutsche-Bank-Filiale in Eisenach. Manfreds Ehefrau Andrea hat Informationstafeln für die verschiedenen Naturschutz-Elemente gestaltet, denn der Garten ist auch Begegnungs- und Bildungsstätte. Kindergarten- und Schülergruppen waren bereits zu Besuch.
Spinnen gewinnen, Falter verlieren
Einem Teil der so wichtigen Bestäuber-Insekten schaden wir Menschen durch all das Licht, mit dem wir die Nacht erhellen. Nachtfalter umkreisen es bis zur Erschöpfung und werden dann allzu leichte Beute für Spinnen. Christian Roßberg aus unserer Konzern-Sicherheit wurde vom Hobby-Astronom an der Volkssternwarte Darmstadt zum Nachtschützer, als er 2022 gemeinsam mit Sternwarten und Naturschutzverbänden das hessische Netzwerk gegen Lichtverschmutzung initiierte. Es macht Kommunen, Unternehmen und Privatleute auf dieses leicht vermeidbare Umweltproblem aufmerksam. Auf Bundes- und Landesebene gibt es bereits erste gesetzgeberische Fortschritte.
Ich widme meine gesamte Freizeit der Artenvielfalt.
Juristisch für den Naturschutz arbeiten: Das ist nur eine von vielen Aufgaben, die Edwina Dunn aus unserem Custody-Geschäft übernimmt: „Ich widme meine gesamte Freizeit der Artenvielfalt“, sagt sie.
Mehr Raum für Wildnis ist ihr großes Anliegen. Sie unterstützt ein entsprechendes britisches Projekt mit europaweiter Wirkung als ehrenamtliche Anwältin. Um das Wiederherstellen wilder Natur voranzutreiben, gründete sie zudem ein Netzwerk gleichgesinnter Juristen.
Kein Wunder, dass sie auch reichlich Ideen hat, wie die Deutsche Bank mehr dazu beitragen kann, Artenvielfalt zu schützen. „Veränderung braucht starke Anführer“, sagt sie – und mit ihr ist da sicher zu rechnen.
Zu den vielen Menschen in der Bank, die Artenvielfalt in ihrem Umfeld pflegen und genießen, gehört auch Maren Helbig-Kreuzer. Es begann damit, dass sie es nicht mehr angebracht fand, ihren „Wasserschlucker“-Garten mit reichlich Rasenfläche weiterhin mit Brunnenwasser zu gießen, während aufgrund von jahrelangem Regenmangel die Grundwasserspiegel in der Pfalz bedrohlich gesunken waren.
Dann besuchte die Expertin für Informationssicherheit ein Seminar über Wildpflanzen und bestellte sich solche. „Als die Pflänzchen eintrafen, kamen mir manche bekannt vor. Die hatte ich früher als Unkraut angesehen und rigoros aus Beeten entfernt“, sagt sie.
Heute begeistert Maren sich für essbare Wild- und Heilpflanzen wie beispielsweise Spitzwegerich und hat sich von denjenigen Zierpflanzen verabschiedet, denen das Regenwasser nicht reichte. „Unser Garten ist heute ein Ort zum Beobachten und Entspannen, der Begriff Unkraut ist gestrichen und das Garteln ist auch sehr entspannt.“
Mitarbeiter für den Artenschutz
Was tun unsere Mitarbeitenden wohl alles für die Artenvielfalt? Das fragten wir (die Redaktion) uns, als wir im Sommer 2024 begannen, die Texte für dieses Dossier zu schreiben. Auf unseren Aufruf im Intranet bekamen wir viele tolle Rückmeldungen. Beeindruckend, wie vielfältig und wie sehr sich unsere Kolleginnen und Kollegen gegen das Artensterben einsetzen.
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