Arbeitsmarkt von morgen: Auf die „Skill-DNA“ kommt es an
SkyHive analysiert mit Hilfe von Datentechnologie, welche Fähigkeiten jeder einzelne Beschäftigte hat und was genau Arbeitgeber benötigen. Die Vision des Start-ups aus den USA: Die Welt neu qualifizieren.
Noch vor wenigen Jahrzehnten sahen viele Berufe vollkommen anders aus als heute: Ein Dachdecker musste nichts über Solaranlagen auf Hausdächern wissen, ebenso wenig wie ein KFZ-Mechaniker über intelligente Technik in E-Autos. Egal ob Klimawandel oder Digitalisierung: Was die Welt verändert, revolutioniert auch den Arbeitsmarkt. Manche Berufe wandeln sich rasant, andere verschwinden komplett, dafür entstehen neue.
Der Transformation des Arbeitsmarkts begegnen
Das ist für viele Unternehmen herausfordernd. Sie konkurrieren besonders in den Feldern, die sich besonders schnell entwickeln, um Personal. Wie und wo können sie geeignete Mitarbeitende finden? Zugleich muss jeder Einzelne, egal ob in der Ausbildung, auf der Suche nach Arbeit oder berufstätig, für sich beantworten: Welche Berufe eignen sich für mich? Was muss ich lernen und in Zukunft können, um nicht abgehängt zu werden?
„Einzelne Kompetenzen und Fähigkeiten sind der Schlüssel“, sagt Sean Hinton, Gründer und CEO von SkyHive, einem jungen US-Software-Unternehmen, das sich auf Personalmanagement spezialisiert hat. Es gehe nicht mehr um Berufsbezeichnungen oder Titel, sondern um die Ebene darunter, die viel granularer und vor allem individueller ist. Hier setzt SkyHive mit seiner Technologie an. Die Vision: „Wir wollen die Welt neu qualifizieren“.
„Skills“ als neue Währung auf dem globalen Arbeitsmarkt
Das seit 2017 bestehende Start-up, an dem sich die Deutsche Bank mittlerweile beteiligt hat, will zur Transformation des globalen Arbeitsmarkts beitragen – von einem berufsbezogenen hin zu einem kompetenzbasierten Ansatz. Denn die neue Währung auf dem Arbeitsmarkt sind „Skills“, wie es das Weltwirtschaftsforum formuliert hat. SkyHive sammelt Daten – aus mehr als 200 Ländern und in 86 Sprachen: Stellenprofile, Lebensläufe, Trainingsangebote, Geschäftsberichte, Patentanmeldungen, Umfragen, Studien und akademische Abhandlungen. „All diese Informationen sind digital im Internet verfügbar“, erklärt Hinton. SkyHive analysiert und bewertet sie in Echtzeit, und zwar automatisiert und mithilfe künstlicher Intelligenz.
Die Firma scannt auf diese Weise den globalen Arbeitsmarkt und kann zeigen, wie er sich verändert. „Wir wissen durch unsere Technologie, dass weltweit rund 130 Millionen Karrierepfade existieren“, sagt Hinton.
Wir wissen durch unsere Technologie, dass weltweit rund 130 Millionen Karrierepfade existieren.
Neue Möglichkeiten für Personalabteilungen
Nützlich sind diese Informationen auf unterschiedlichen Ebenen. Unter anderem kann SkyHive Unternehmen helfen, die eigene Belegschaft besser zu verstehen. „Zu viele Firmen kennen das Potenzial und die Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden nicht“, erklärt Hinton. SkyHive unterstützt Personalabteilungen mit seiner Technologie dabei, folgende Fragen zu beantworten: Welche Qualifikationen und Kompetenzprofile sind vorhanden und welche benötigt das Unternehmen? Gibt es Lücken - und wenn ja, wie lassen sie sich schließen?
„Das Problem mit dem traditionellen berufs- oder titelbezogenen Ansatz ist: Entweder man ist Projektmanager oder man ist kein Projektmanager. Entweder ja oder nein“, erläutert der SkyHive-Chef. Wer sich stattdessen auf die Kompetenzen des Mitarbeitenden konzentriere, bekomme ganz neue Möglichkeiten: Versteckte Talente würden sichtbar, die zuvor nicht im Blickfeld gewesen seien, weil der Fokus allein auf der Jobbezeichnung gelegen habe.
Wie ein Fingerabdruck – die „Skill-DNA“
Auf individueller Ebene heißt das: SkyHive kann die Fähigkeiten jedes Einzelnen analysieren und mit einem definierten Angebot an Karrierepfaden vergleichen. Jeder Mensch hat eine einzigartige Kombination von Skills, also Kompetenzen und Fähigkeiten, die durch Erfahrungen im privaten wie beruflichen Leben und individuelle Bildungswege entsteht – die sogenannte „Skill-DNA“. Wer diese kennt, kann sie mit Anforderungsprofilen abgleichen, und zwar aus verschiedenen Berufsbildern.
„Wir arbeiten weltweit mit Regierungen zusammen, um deren Bürgerinnen und Bürger mit sogenannten ‚Skill Passports‘ auszustatten“, sagt Hinton. Diese helfen dabei, Übereinstimmungen zu finden zwischen Menschen, die Arbeit suchen oder sich weiterbilden möchten, und offenen Stellen oder Trainingsmöglichkeiten. Ein Beispiel: Die Stadt New York hat 2023 ein Projekt mit SkyHive gestartet, um die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen: Ende 2022 waren dort nach offiziellen Angaben 18 Prozent der 16 bis 24-Jährigen ohne Job, in den USA insgesamt nur 8 Prozent. Bisher haben 700 Jobsuchende an dem Projekt teilgenommen, mehr als 3.500 Fähigkeiten wurden abgeglichen und viele Weiterbildungschancen identifiziert.
Der Fokus auf Kompetenzen und Fähigkeiten hilft Unternehmen wie Beschäftigten auch zu erkennen, welche Anforderungen sie in Zukunft erfüllen müssen, weil sich die Arbeitswelt verändert – und wo Lücken bestehen. Die Betroffenen können passende Trainingsmöglichkeiten schaffen und in Anspruch nehmen und damit ihrerseits den Arbeitsmarkt weiterentwickeln.
Auf dem Weg in die Zukunft der Arbeit
Hinton ist überzeugt, dass sein Ansatz wegweisend ist: Er beschreibe die notwendigen Mechanismen, mit denen „wir die Erwerbsbevölkerung rund um den Globus fit für die Arbeitswelt von morgen machen können.“
Wir wollen die Erwerbsbevölkerung rund um den Globus fit für die Arbeitswelt von morgen machen.
Interview mit SkyHive-Gründer und CEO Sean Hinton
Jürgen Schmitt von #ExpeditionFinance hat SkyHive-Chef Sean Hinton in Palo Alto getroffen und mit ihm über die drastischen Veränderungen auf dem weltweiten Arbeitsmarkt gesprochen. Hier geht es zum Video.
Über SkyHive
SkyHive ist ein cloudbasierter Anbieter von Software für Personalmanagement und Weiterbildung. Das Start-up-Unternehmen mit Sitz im US-kalifornischen Palo Alto wurde 2017 mit dem Ziel gegründet, die Transformation des weltweiten Arbeitsmarkts zu begleiten sowie Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zu verringern. Es zählt zur Gruppe der B-Corp zertifizierten Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell nutzen, um einen positiven Effekt auf die Gesellschaft und die Umwelt zu erzielen.
Tanja Engelmann
…ist von Haus aus an Personalthemen interessiert, denn sie sind Teil ihres Jobs im Group COO-Kommunikationsteam der Deutschen Bank. Zudem fasziniert sie, was SkyHive durch KI möglich macht: Die Technik kann Menschen völlig neue Berufswege erschließen, und damit ein anderes Leben.
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