Medieninformation Frankfurt am Main, 26. November 2024

Deutsche-Bank-Studie „Erben und Vererben 2024“

Interesse der Deutschen am Thema Erbe sinkt weiter – 64 Prozent beschäftigen sich ungern damit

Die Bereitschaft, sich mit dem eigenen Nachlass zu befassen, nimmt ab. Gleichzeitig werden die vererbten Vermögen größer und ihre Zusammensetzung komplexer. Das ergibt die neue, repräsentative Studie „Erben und Vererben 2024“ der Deutschen Bank in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach.

Demnach beschäftigen sich 64 Prozent der Bundesbürger „ungern“ mit dem Thema Erben und Vererben; bei der letzten Erhebung im Jahr 2018 waren es noch 60 Prozent. Zwar wünschen sich heute 41 Prozent der Menschen mehr Offenheit bei diesem Thema. Die tatsächlichen Erfahrungen spiegeln das aber nicht wider. Nur 32 Prozent der Erben geben an, im Vorfeld mit allen Beteiligten offen über den Nachlass gesprochen zu haben; 2018 waren es noch 35 Prozent.

Raffael Gasser, Leiter Wealth Management & Private Banking Deutschland der Deutschen Bank, sagt: „Erben und Vererben bleibt für viele Menschen ein herausforderndes Thema. Dabei zeigt unsere Studie, dass vererbte Vermögen gerade in diesen Zeiten an Bedeutung gewinnen – auch für die finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge. Wenn der Nachlass nicht geregelt ist, kann dies die Hinterbliebenen emotional und finanziell erheblich belasten. Unsere Erfahrung zeigt: Wer die Vermögensnachfolge frühzeitig mit Familie und Experten diskutiert und professionell gestaltet, vermeidet Missverständnisse und Konflikte – zum Wohl der Erblasser wie auch der Erben.“

Die Studienergebnisse im Überblick:

(1) Nur jeder Dritte hat ein Testament und die Verfasser werden älter

Lediglich 35 Prozent der potenziellen Erblasser in Deutschland haben ein Testament verfasst, so die Studie (2018: 39 Prozent). Bei den unter 50-Jährigen sind es nur 11 Prozent (2018: 15 Prozent), was zeigt, dass junge Familien oft unvorbereitet sind. Bei den über 65-Jährigen sind es 50 Prozent (2018: 58 Prozent).  

Das Durchschnittsalter beim Verfassen eines Testaments liegt heute in Deutschland bei 58 Jahren und damit zwei Jahre über dem Wert von 2018. Im Jahr 2012 waren die Bürger mit Testament durchschnittlich 55 Jahre alt.

(2) Über das Erbe wird am ehesten nach Schicksalsschlägen gesprochen

Für 39 Prozent der Deutschen ist die schwere Erkrankung eines Angehörigen oder Freundes am ehesten ein geeigneter Anlass, über das Thema Erbschaft zu sprechen, für 28 Prozent ein Todesfall im nahen Umfeld.

Familienfeiern werden selten als Anlass genutzt – nur 17 Prozent finden solche Gelegenheiten passend. Das Thema dürfte damit auch beim bevorstehenden Weihnachtsfest tabu sein.

(3) Jüngere sind selten umfassend auf ihr Lebensende vorbereitet

Neben dem Testament sind Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht wichtig, um nicht nur den finanziellen Nachlass zu regeln, sondern auch auf Schicksalsschläge und Krankheit vorbereitet zu sein.

Nur 14 Prozent der unter 50-Jährigen besitzen eine Patientenverfügung, 12 Prozent eine Vorsorgevollmacht. Lediglich 2 Prozent dieser Altersgruppe haben alle drei Dokumente, also Testament, Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht.  

(4) Neun Prozent der Deutschen sind ohne gesetzliche Erben

Liegt kein gültiges Testament vor, greift die gesetzliche Erbfolge. Bei Menschen, die keine Familienangehörigen als natürliche Erben haben, fällt das Vermögen dem Staat zu, sofern nichts anderes geregelt wird.

Immerhin 9 Prozent der Erblasser geben an, keine natürlichen Erben zu haben. Von ihnen möchte rund jeder Dritte etwas an Stiftungen, Kirchen oder andere gemeinnützige Organisationen vererben.

(5) Erbschaften und die Erwartungen der Erben wachsen

Im Jahr 2023 haben die Finanzämter in Deutschland Erbschaften und Schenkungen im Wert von 121,5 Milliarden Euro steuerlich veranlagt - ein Rekord laut Statistischem Bundesamt und fast 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Der Wert aller Vermögensübertragungen war sogar noch deutlich höher, da die Steuer-Statistik Erbschaften und Schenkungen nicht abbildet, die innerhalb der Freibeträge liegen.  

34 Prozent der künftigen Erben rechnen heute in Deutschland mit einer Erbschaft von 250.000 Euro oder mehr, so die Studie der Deutschen Bank.

(6) Die vererbten Vermögen verändern sich strukturell

Zwar haben noch 73 Prozent der bisherigen Erben Geld erhalten, jedoch nimmt dessen Anteil ab (2018: 75 Prozent). Aktuell wollen 66 Prozent der künftigen Erblasser ihren Nachkommen Geld hinterlassen.

Hingegen gewinnen Immobilien, Wertpapiere und Gold an Bedeutung, wobei selbstgenutzte Immobilien besonders häufig vererbt wurden (44 Prozent, 2018: 33 Prozent). Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Erben hat eine oder mehrere Immobilien geerbt; 2018 waren es 40 Prozent.

Auch Wertpapiere (14 Prozent; 2018: 12 Prozent) und Gold (8 Prozent; 2018: 4 Prozent) wurden zunehmend weitergegeben.

(7) Ehepartner sind nicht mehr automatisch Alleinerben

Generell geht der Trend weg vom gemeinsamen Testament, so ein weiteres Ergebnis der Studie. Das „Berliner Testament“, bei dem Ehepartner sich gegenseitig als Alleinerben einsetzen, wird seltener gewählt. 42 Prozent setzen heute ihren Partner als Alleinerben ein; 2018 waren es noch 59 Prozent.

Zwar wählten noch immer 52 Prozent (2018: 65 Prozent) der Erblasser eine gemeinsame Lösung. 45 Prozent treffen jedoch eine Verfügung, die nur den eigenen Nachlass betrifft; 2018 waren es noch 34 Prozent.

Auch informieren weniger Erblasser ihre Nachkommen, wo sie ihr Testament aufbewahrt haben (40 Prozent; 2018: 53 Prozent).

(8) Patchwork-Familien beeinflussen das Thema Erben zunehmend

14 Prozent aller potenziellen Erblasser in Deutschland leben inzwischen in einer Patchwork-Familie, wo ein oder beide Partner Kinder aus früheren Beziehungen eingebracht haben. Doch nur jeder Fünfte dieser Erblasser hat spezielle Regelungen für seine Familienkonstellation getroffen.

(9) Das Erbe wird stärker für Vermögensaufbau und Altersvorsorge genutzt

Jeder zweite Bundesbürger, der bereits geerbt hat, nutzt die Erbschaften inzwischen vor allem für den eigenen Vermögensaufbau und die Altersvorsorge. Seit 2015 hat sich dieser Verwendungszweck von 35 Prozent auf 48 Prozent erhöht.

60 Prozent der künftigen Erben geben an, eine Erbschaft für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge einsetzen zu wollen (2018: 52 Prozent, 2015: 47 Prozent). Fast jeder Deutsche (94 Prozent) ist jedoch überzeugt, dass man sich für seine Altersvorsorge nicht ausschließlich auf Erbschaften verlassen darf.

Die bisherigen Erben nutzen die Mittel auch dazu, sich besondere Wünsche oder Träume zu erfüllen (22 Prozent), Angehörige zu unterstützen (15 Prozent) oder Kredite zurückzuzahlen (13 Prozent).

(10) Beratung wird zunehmend bei Fachleuten gesucht, nicht im privaten Umfeld

Die Mehrheit der Deutschen empfindet das Erbrecht als kompliziert (73 Prozent). Nur jeder zweite Erblasser (47 Prozent) hat eine genaue Vorstellung, wie die gesetzliche Erbfolge geregelt ist. Entsprechend sucht ein steigender Anteil unter ihnen professionellen Rat bei Finanz- und Rechtsexperten (41 Prozent; 2018: 32 Prozent).

88 Prozent derjenigen, die ein Testament verfassen, holen externen Rat ein; 2018 waren es 84 Prozent und 2012 noch 72 Prozent. Gefragt sind vor allem Notare (55 Prozent; 2018: 53 Prozent) und Anwälte (17 Prozent; 2018: 15 Prozent). Freunde und Verwandte hingegen werden seltener konsultiert (9 Prozent; 2018: 17 Prozent). Auch den eigenen Partner spricht nur gut jeder Zehnte an (12 Prozent, 2018: 23 Prozent). 7 Prozent fragen ihre Bank um Rat (2018: 9 Prozent).

Experten-Wissen war auch bei den bisherigen Erben gefragt. Für 88 Prozent hat sich das Gespräch ausgezahlt (2018: 74 Prozent). Steuerliche Fragen (56 Prozent) und steuersparende Anlagemöglichkeiten (52 Prozent) standen im Vordergrund.

(11) Digitaler Nachlass bleibt oft unbeachtet und muss separat geregelt werden

Während die traditionellen Vermögenswerte selbstverständlicher Bestandteil des Nachlasses sind, bleibt das digitale Vermächtnis häufig unbeachtet.

Zwei Drittel der Deutschen (69 Prozent) haben sich noch keine Gedanken darüber gemacht, was mit ihren E-Mails, Social-Media-Konten oder Cloud-Daten geschehen soll. Nur 4 Prozent haben explizite Anweisungen für den digitalen Nachlass verfasst.

47 Prozent plädieren dafür, dass die Erben automatisch Zugriff auf den digitalen Nachlass haben sollten. Das trifft nach der gültigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH 2018) jedoch nicht zu. Wer möchte, dass seine Erben auch über den digitalen Nachlass verfügen können, muss also tätig werden.

(12) Ostdeutsche rechnen immer noch seltener mit Erbschaften

Auch 35 Jahre nach dem Fall der Mauer gibt es bei Erbschaften noch immer Unterschiede zwischen Ost und West. In Ostdeutschland rechnet nur etwa jeder sechste Bürger (16 Prozent) mit einem Erbe, in Westdeutschland ist es jeder Vierte (Norddeutschland 24 Prozent, West-/Südwest- sowie Süddeutschland je 25 Prozent).

Dabei wird in Ostdeutschland nicht nur seltener, sondern auch weniger vererbt: Nur 41 Prozent der Erblasser beziffern den Wert ihres späteren Nachlasses auf mindestens 250.000 Euro – gegenüber 55 Prozent in den westlichen Regionen Deutschlands.


Über die Studie

Im Auftrag der Deutschen Bank hat das Institut für Demoskopie Allensbach vom 29. August bis 13. September 2024 insgesamt 1.086 Bundesbürger ab 16 Jahren befragt, die einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung bilden. Die Studie untersucht das Thema Erben und Vererben aus der Perspektive bisheriger und künftiger Erben sowie künftiger Erblasser. Sie schreibt Ergebnisse älterer Befragungen der Jahre 2012, 2015 und 2018 fort und ergänzt diese um zusätzliche Fragen zu neuen, aktuellen Trends.

Die komplette Studie finden Sie hier zum Download.

Über die Deutsche Bank

Die Deutsche Bank bietet vielfältige Finanzdienstleistungen an – vom Zahlungsverkehr und dem Kreditgeschäft über die Anlageberatung und Vermögensverwaltung bis hin zu einem fokussierten Kapitalmarktgeschäft. Sie bedient Privatkunden, mittelständische Unternehmen, Konzerne, die Öffentliche Hand und institutionelle Anleger. Die Deutsche Bank ist die führende Bank in Deutschland mit starken europäischen Wurzeln und einem globalen Netzwerk.

 

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