Über das Abenteuer, ein FinTech-Start-up zu gründen
Sie sind bekannt aus der „Höhle der Löwen“. Dort machten die Zwillinge Benjamin und Alexander Michel im Oktober 2018 mit ihrer Geld-App „Finanzguru“ den größten Einzeldeal in der Geschichte der Sendung und gewannen Unternehmer Carsten Maschmeyer als Investor. Die Erfolgsgeschichte der „dwins“ begann jedoch bereits zwei Jahre früher. Damals siegten die jungen Gründer mit einer ersten Version ihrer Finanzguru-App beim weltweiten Wettbewerb „Deutsche Bank Hackathon API/Open“.
Das war der Startschuss für die Zusammenarbeit zwischen dem Start-up dwins und der Deutschen Bank. Nach dem Wettbewerb vernetzte sich das Finanzguru-Team mit Fachabteilungen der Bank sowie ihrer Digitalfabrik und erarbeitete so eine Strategie, um die App Wirklichkeit werden zu lassen. Bereits nach wenigen Monaten konnten Kunden die App testen. Diese Tests waren so erfolgreich, dass sich die Deutsche Bank dazu entschloss, sich als Investor am Start-up dwins zu beteiligen. Über die Geschichte der dwins und die Herausforderungen der Gründung eines FinTech-Start-ups berichtet Benjamin Michel in seinem folgenden Gastbeitrag.
Was waren die Anfänge der dwins GmbH?
Als mein Bruder und ich uns im Jahr 2015 entschieden haben, ein Start-up zu gründen, haben uns alle davon abgeraten: Die Deutschen würden solch neuartigen FinTech-Dienstleistungen nicht vertrauen und wenn wir schon gründen müssten, dann doch am besten im B2B-Bereich (Business-to-Business). Trotz oder gerade wegen der vielen abschreckenden Stimmen, wollten wir uns in das Abenteuer „Start-up“ stürzen.
Viele haben uns davon erzählt, dass es eine wilde Achterbahnfahrt mit zahlreichen Höhen und Tiefen ist. Vor allem aber hat man vieles selbst in der Hand, kann eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und ist nicht mehr von x Hierarchiestufen und IT-Systemen aus den 1970ern abhängig, um Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.
Der Start im Mai 2015 war sehr aufregend für uns. Als erstes mussten wir uns durch den bürokratischen Dschungel in Deutschland kämpfen, was teils sehr frustrierend sein kann. Unterstützung vom Arbeitsamt? Fehlanzeige wegen Eigenkündigung. Fremd- oder Eigenkapital, um das Geschäft aufzubauen? Auch sehr schwierig, wenn man mit Mitte zwanzig verrückt genug ist, die Welt verändern zu wollen, aber noch nicht sonderlich viel vorzuweisen hat (eine Riesenmotivation und eine sehr solide Ausbildung zählen in diesem Zusammenhang nicht viel). Schnell wurde klar, dass es kein leichter Weg wird.
Wir hatten 20.000€ angespart und die Idee, dass wir einen Kontowechselservice als Whitelabel-Lösung entwickeln, die wir großen Banken verkaufen wollten. Eigentlich ein solides Geschäftsmodell – vorausgesetzt, man schafft den Sprung über die (zu Recht) hohen Anforderungen einer Bank. Getrieben von Neugierde und einer gesunden Portion Naivität haben wir über unser persönliches Netzwerk angefangen, unsere Firma aufzubauen. Zudem waren wir sehr froh, schon sehr früh einen IT-Partner gewonnen zu haben, der die Ideen von uns BWLern in ein funktionierendes Technik-Produkt umwandeln konnte. Diesen Partner hatten wir bereits gefunden, bevor wir unsere Jobs gekündigt hatten.
Der Start war sehr vielversprechend. Wir haben innerhalb von drei Monaten den ersten funktionierenden Prototypen gebaut und sogar ein Pilot-Projekt mit einer kleineren Bank erfolgreich umgesetzt.
Währenddessen waren wir in ganz Deutschland unterwegs und haben vor allem großen Banken unsere Lösung vorgestellt und versucht, die sehr trägen Organisationen mit langen Sales-Zyklen möglichst schnell und gut von uns zu überzeugen. Zusätzlichen Aufwind hat uns das neue Zahlungskontengesetz gegeben, das alle Banken gesetzlich verpflichtet hat, ihren Kunden einen Kontowechselservice anzubieten.
Neben dem Aufwind gab es aber auch Rückschläge. Unabhängig von uns haben sich zwei weitere Anbieter im Markt hervorgetan, die den gleichen Service wie wir anbieten wollten. Das war auf der einen Seite eine Firma, die sehr stark von der Commerzbank unterstützt wurde und damit einen sehr starken „Proof of Concept“ hatte. Und zum anderen ein Start-up aus dem Hause Finleap, das mit Millionen Euro Venture Capital finanziert wurde.
Auf dem Papier eine klare Sache: Zwei Mittzwanziger mit gerade so viel Kapital, dass sie eine GmbH gründen konnten, keinem eigenen Team und nicht annähernd der Kredibilität, ein regulatorisches Bankprojekt abzubilden versus zwei solide Unternehmen, denen man diese Herausforderung zutraut.
Falls Sie nun noch ein Wunder erwarten, das kam leider nicht. Wir hatten tatsächlich nicht im Ansatz eine Chance zu einem relevanten Anbieter für Kontowechselservices zu werden. Gleichzeitig hat der Blick auf den Kontostand uns immer wieder vor Augen geführt, dass wir so langsam mal ein Erfolgserlebnis bräuchten – nicht nur emotional, sondern vor allem, um die Miete zahlen zu können.
Wie haben die „dwins“ es dann doch geschafft?
Den Kopf in den Sand stecken kam für uns nicht in Frage. Wir haben weiter bei vielen Banken angeklopft und auch jeweils einen positiven Eindruck hinterlassen. Aber die Entscheidung ist dann doch immer für unsere Wettbewerber gefallen – und ganz ehrlich: Wir hätten genauso entschieden.
Schließlich hatten unsere vielfältigen Akquisitionsversuche bei Banken Erfolg. Zwar anders als erwartet, aber Ende 2015 konnten wir unser erstes Beratungsprojekt erfolgreich an Land ziehen.
Eine Bank suchte Experten zum Aufbau einer smarten Banking-App. Wir konnten sie vor allem mit unserer Erfahrung und unserem Know-how überzeugen. Zum allerersten Mal haben wir gemerkt, dass wir extrem interessant für Banken sind und wir uns gut vermarkten können. Für drei Monate Beratung verdienten wir mehrere Zehntausend Euro. Das hat uns umgehauen und wir dachten: „Wie geil ist denn Beratung?“
In der Folge haben wir uns dann in der Bankenbranche als Berater für smarte Banking-Apps und Big-Data-Projekte positioniert. Wir haben Folgeaufträge bekommen, eine Big Data-Plattform aufgebaut und viele kleinere Projekte bei Banken durchgeführt.
Darüber hinaus haben wir unsere technischen Mitgründer Sandro Sonntag und Florian Hirsch kennengelernt, mit denen wir unsere eigenen IT-Lösungen entwickelt haben. So haben wir etwa unsere Kategorisierung von Kontoumsätzen als Whitelabel-Lösung an Banken verkauft, um zusätzlich wiederkehrende Erträge zu generieren. Nach einer sehr schwierigen Startphase haben wir den Sprung über die Klippe geschafft und sogar sehr ordentliches Geld verdient.
Wie kam es zur Entwicklung des Finanzgurus?
Wir sind allerdings im Herzen immer Produktmanager geblieben und hatten die Vision vor Augen, den besten persönlichen Finanzassistenten aller Zeiten zu bauen.
Eine App wie für unseren besten Freund: Dazu ziehen wir die Kontoumsätze als Grundlage heran, um ihm unabhängig und besten Gewissens immer zur richtigen Zeit die richtigen Empfehlungen zu geben. Uns wurde bewusst, dass wir das Produkt selbst bauen müssen, um dieses Ziel zu erreichen. So haben wir uns im Oktober 2016 für den Hackathon der Deutschen Bank beworben, was den Grundstein für den Erfolg des Finanzgurus gelegt hat.
Im Rückblick sind wir unheimlich froh, dass wir mit dem Kontowechselservice gescheitert sind. Mit Finanzguru folgen wir heute unserer Passion und helfen inzwischen mehr als 350.000 Kunden, ihre Finanzen magisch einfach zu verwalten.
Über den Autor
Benjamin Michel hat von 2009-2013 ein duales Studium an der Frankfurt School of Finance & Management in Kooperation mit der Deutschen Postbank AG absolviert und seine Ausbildung als Bankkaufmann (IHK) erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss hat er 2 Jahre das Mobile Banking und Innovationsmanagement bei der Postbank mitaufgebaut bevor er 2015 zusammen mit seinem Zwillingsbruder die Firma „dwins“ gründete.
Sie sind bekannt aus der „Höhle der Löwen“. Dort machten die Zwillinge Benjamin und Alexander Michel im Oktober 2018 mit ihrer Geld-App „Finanzguru“ den größten Einzeldeal in der Geschichte der Sendung und gewannen Unternehmer Carsten Maschmeyer als Investor. Die Erfolgsgeschichte der „dwins“ begann jedoch bereits zwei Jahre früher. Damals siegten die jungen Gründer mit einer ersten Version ihrer Finanzguru-App beim weltweiten Wettbewerb „Deutsche Bank Hackathon API/Open“.
Das war der Startschuss für die Zusammenarbeit zwischen dem Start-up dwins und der Deutschen Bank. Nach dem Wettbewerb vernetzte sich das Finanzguru-Team mit Fachabteilungen der Bank sowie ihrer Digitalfabrik und erarbeitete so eine Strategie, um die App Wirklichkeit werden zu lassen. Bereits nach wenigen Monaten konnten Kunden die App testen. Diese Tests waren so erfolgreich, dass sich die Deutsche Bank dazu entschloss, sich als Investor am Start-up dwins zu beteiligen. Über die Geschichte der dwins und die Herausforderungen der Gründung eines FinTech-Start-ups berichtet Benjamin Michel in seinem folgenden Gastbeitrag.
Was waren die Anfänge der dwins GmbH?
Als mein Bruder und ich uns im Jahr 2015 entschieden haben, ein Start-up zu gründen, haben uns alle davon abgeraten: Die Deutschen würden solch neuartigen FinTech-Dienstleistungen nicht vertrauen und wenn wir schon gründen müssten, dann doch am besten im B2B-Bereich (Business-to-Business). Trotz oder gerade wegen der vielen abschreckenden Stimmen, wollten wir uns in das Abenteuer „Start-up“ stürzen.
Viele haben uns davon erzählt, dass es eine wilde Achterbahnfahrt mit zahlreichen Höhen und Tiefen ist. Vor allem aber hat man vieles selbst in der Hand, kann eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und ist nicht mehr von x Hierarchiestufen und IT-Systemen aus den 1970ern abhängig, um Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.
Der Start im Mai 2015 war sehr aufregend für uns. Als erstes mussten wir uns durch den bürokratischen Dschungel in Deutschland kämpfen, was teils sehr frustrierend sein kann. Unterstützung vom Arbeitsamt? Fehlanzeige wegen Eigenkündigung. Fremd- oder Eigenkapital, um das Geschäft aufzubauen? Auch sehr schwierig, wenn man mit Mitte zwanzig verrückt genug ist, die Welt verändern zu wollen, aber noch nicht sonderlich viel vorzuweisen hat (eine Riesenmotivation und eine sehr solide Ausbildung zählen in diesem Zusammenhang nicht viel). Schnell wurde klar, dass es kein leichter Weg wird.
Wir hatten 20.000€ angespart und die Idee, dass wir einen Kontowechselservice als Whitelabel-Lösung entwickeln, die wir großen Banken verkaufen wollten. Eigentlich ein solides Geschäftsmodell – vorausgesetzt, man schafft den Sprung über die (zu Recht) hohen Anforderungen einer Bank. Getrieben von Neugierde und einer gesunden Portion Naivität haben wir über unser persönliches Netzwerk angefangen, unsere Firma aufzubauen. Zudem waren wir sehr froh, schon sehr früh einen IT-Partner gewonnen zu haben, der die Ideen von uns BWLern in ein funktionierendes Technik-Produkt umwandeln konnte. Diesen Partner hatten wir bereits gefunden, bevor wir unsere Jobs gekündigt hatten.
Währenddessen waren wir in ganz Deutschland unterwegs und haben vor allem großen Banken unsere Lösung vorgestellt und versucht, die sehr trägen Organisationen mit langen Sales-Zyklen möglichst schnell und gut von uns zu überzeugen. Zusätzlichen Aufwind hat uns das neue Zahlungskontengesetz gegeben, das alle Banken gesetzlich verpflichtet hat, ihren Kunden einen Kontowechselservice anzubieten.
Neben dem Aufwind gab es aber auch Rückschläge. Unabhängig von uns haben sich zwei weitere Anbieter im Markt hervorgetan, die den gleichen Service wie wir anbieten wollten. Das war auf der einen Seite eine Firma, die sehr stark von der Commerzbank unterstützt wurde und damit einen sehr starken „Proof of Concept“ hatte. Und zum anderen ein Start-up aus dem Hause Finleap, das mit Millionen Euro Venture Capital finanziert wurde.
Auf dem Papier eine klare Sache: Zwei Mittzwanziger mit gerade so viel Kapital, dass sie eine GmbH gründen konnten, keinem eigenen Team und nicht annähernd der Kredibilität, ein regulatorisches Bankprojekt abzubilden versus zwei solide Unternehmen, denen man diese Herausforderung zutraut.
Falls Sie nun noch ein Wunder erwarten, das kam leider nicht. Wir hatten tatsächlich nicht im Ansatz eine Chance zu einem relevanten Anbieter für Kontowechselservices zu werden. Gleichzeitig hat der Blick auf den Kontostand uns immer wieder vor Augen geführt, dass wir so langsam mal ein Erfolgserlebnis bräuchten – nicht nur emotional, sondern vor allem, um die Miete zahlen zu können.
Wie haben die „dwins“ es dann doch geschafft?
Den Kopf in den Sand stecken kam für uns nicht in Frage. Wir haben weiter bei vielen Banken angeklopft und auch jeweils einen positiven Eindruck hinterlassen. Aber die Entscheidung ist dann doch immer für unsere Wettbewerber gefallen – und ganz ehrlich: Wir hätten genauso entschieden.
Schließlich hatten unsere vielfältigen Akquisitionsversuche bei Banken Erfolg. Zwar anders als erwartet, aber Ende 2015 konnten wir unser erstes Beratungsprojekt erfolgreich an Land ziehen.
Eine Bank suchte Experten zum Aufbau einer smarten Banking-App. Wir konnten sie vor allem mit unserer Erfahrung und unserem Know-how überzeugen. Zum allerersten Mal haben wir gemerkt, dass wir extrem interessant für Banken sind und wir uns gut vermarkten können. Für drei Monate Beratung verdienten wir mehrere Zehntausend Euro. Das hat uns umgehauen und wir dachten: „Wie geil ist denn Beratung?“
In der Folge haben wir uns dann in der Bankenbranche als Berater für smarte Banking-Apps und Big-Data-Projekte positioniert. Wir haben Folgeaufträge bekommen, eine Big Data-Plattform aufgebaut und viele kleinere Projekte bei Banken durchgeführt.
Darüber hinaus haben wir unsere technischen Mitgründer Sandro Sonntag und Florian Hirsch kennengelernt, mit denen wir unsere eigenen IT-Lösungen entwickelt haben. So haben wir etwa unsere Kategorisierung von Kontoumsätzen als Whitelabel-Lösung an Banken verkauft, um zusätzlich wiederkehrende Erträge zu generieren. Nach einer sehr schwierigen Startphase haben wir den Sprung über die Klippe geschafft und sogar sehr ordentliches Geld verdient.
Wie kam es zur Entwicklung des Finanzgurus?
Wir sind allerdings im Herzen immer Produktmanager geblieben und hatten die Vision vor Augen, den besten persönlichen Finanzassistenten aller Zeiten zu bauen.
Eine App wie für unseren besten Freund: Dazu ziehen wir die Kontoumsätze als Grundlage heran, um ihm unabhängig und besten Gewissens immer zur richtigen Zeit die richtigen Empfehlungen zu geben. Uns wurde bewusst, dass wir das Produkt selbst bauen müssen, um dieses Ziel zu erreichen. So haben wir uns im Oktober 2016 für den Hackathon der Deutschen Bank beworben, was den Grundstein für den Erfolg des Finanzgurus gelegt hat.
Im Rückblick sind wir unheimlich froh, dass wir mit dem Kontowechselservice gescheitert sind. Mit Finanzguru folgen wir heute unserer Passion und helfen inzwischen mehr als 350.000 Kunden, ihre Finanzen magisch einfach zu verwalten.
Über den Autor
Benjamin Michel hat von 2009-2013 ein duales Studium an der Frankfurt School of Finance & Management in Kooperation mit der Deutschen Postbank AG absolviert und seine Ausbildung als Bankkaufmann (IHK) erfolgreich abgeschlossen. Im Anschluss hat er 2 Jahre das Mobile Banking und Innovationsmanagement bei der Postbank mitaufgebaut bevor er 2015 zusammen mit seinem Zwillingsbruder die Firma „dwins“ gründete.
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