Nachricht 15. Juli 2015

Währungen: Investieren in Dollar & Co.

Herr Dr. Stephan, warum sollten sich Kapitalanleger um Wechselkurse kümmern?

Ulrich Stephan Stephan: Weil jede Vermögensanlage jenseits des eigenen Währungsraums – bei deutschen Anlegern also außerhalb des Euroraums – automatisch eine Wechselkurskomponente enthält. Dieser Effekt sollte nicht unterschätzt werden: Er kann einen beträchtlichen Teil der Gesamtrendite ausmachen oder, im ungünstigen Fall, Rendite kosten.

Ein Beispiel, bitte.

Stephan: Der japanische Aktienmarkt hat sich in den letzten drei Jahren sehr positiv entwickelt, mit einem Plus von rund 120 Prozent beim Nikkei-Index. Ein deutscher Anleger, der vor drei Jahren in den Nikkei investiert hat, würde aber fast ein Drittel weniger Rendite erzielen, denn der japanische Yen ist in diesem Zeitraum deutlich gefallen. Das heißt, bei konstantem Aktienkurs sind Aktien, die der Anleger vor drei Jahren in Yen gekauft hat, heute in Euro weniger wert.

Jede Investition außerhalb des Euroraums ist also gleichzeitig ein Währungsgeschäft. Gibt es auch positive Beispiele?

Stephan: Gewiss. Viele deutsche Anleger konnten in den vergangenen zwölf Monaten von einem stärkeren US-Dollar profitieren. Und dies unabhängig davon, ob sie in Aktien, Anleihen oder anderen Anlageklassen in den USA investiert waren.

Wie können Anleger die Wechselkurse nutzen und zugleich Risiken beschränken?

Stephan: Es empfiehlt sich, bei jeder geplanten Investition außerhalb des Euroraums auch die aktuellen Währungsprognosen zu berücksichtigen. Wenn zu erwarten ist, dass die Zielwährung gegenüber dem Euro an Wert gewinnt, dann sind Währungsgewinne möglich. Schwächt sich die Zielwährung künftig ab, drohen Währungsverluste. Wer dann trotzdem investieren möchte, weil die Anlage aus fundamentalen Gründen attraktiv erscheint, kann das Wechselkursrisiko neutralisieren.

Auf welche Weise?

Stephan: Zum Beispiel mit einem währungsgesicherten Fonds. Das Fondsmanagement sichert dabei Wechselkursschwankungen beispielsweise mit Optionsgeschäften ab; das kostet etwas Rendite, dafür muss sich der Anleger um Währungen keine Gedanken machen. Im Fall des deutschen Japan-Anlegers wäre ein solcher Fonds vor drei Jahren eine Überlegung wert gewesen. Fortgeschrittene Anleger können die Währungen in ihrem Anlageportfolio gezielt diversifizieren, um ein optimales Verhältnis von Währungsrisiken und Gewinnchancen zu erzielen.

Wo sehen Sie die Chancen? Der Dollar-Aufschwung wurde im Frühjahr gestoppt …

Stephan: Tatsächlich hat sich der Euro zeitweise erholt, auf einen Kurs von bis zu 1,14 Dollar für 1 Euro im Mai 2015. Ich sehe die Ursache vor allem in schwächeren US-Konjunkturdaten im Frühjahr und der Ungewissheit darüber, wann die US-Notenbank Fed ihre Zinswende einleitet. Dennoch sollten wir bald wieder einen stärkeren US-Dollar sehen.

Was sind die Gründe?

Stephan: Die Daten aus den USA sahen zuletzt wieder besser aus, Löhne und Verbraucherausgaben steigen. Bleiben die Nachrichten positiv, könnte die Fed schon im September einen ersten Zinsschritt unternehmen. Höhere Zinsen locken Anleger in den Währungsraum, und die Kapitalzuflüsse stärken die Währung – in diesem Fall den US-Dollar.

Die EZB ist dagegen von steigenden Zinsen noch meilenweit entfernt. Der Euroraum erholt sich zwar langsam, die wirtschaftliche Entwicklung wird aber durch die Diskussion über Griechenland gefährdet. Der US-Dollar könnte deshalb gegenüber dem Euro weiter aufwerten und auf Sicht von zwei Jahren einen Kurs von etwa 0,90 Dollar für 1 Euro erreichen. Für Euro-Anleger bietet das Chancen auf weitere Währungsgewinne.

Setzt der japanische Yen seine Talfahrt fort?

Stephan: Gegenüber dem US-Dollar: voraussichtlich ja, denn die japanische Notenbank könnte ihre Geldpolitik erneut lockern. Allerdings dürfte sich der Yen nicht so stark abschwächen wie der Euro. Daher erwarte ich für Euro-Anleger in Japan mittelfristig eher einen positiven Währungseffekt.

Welche europäischen Währungen sind besonders zu beachten?

Stephan: Der Schweizer Franken profitiert derzeit stark von Kapitalzuflüssen in Zusammenhang mit der Griechenland-Krise. Fundamental gerechtfertigt wäre ein Euro/Franken-Kurs von 1,10, tatsächlich bewegt sich der Kurs um 1,04 - für 1 Euro sind also nur 1,04 Franken zu zahlen. Solange die Schweiz als „sicherer Hafen“ fungiert, dürfte sich daran nicht viel ändern. Das britische Pfund hat wie der US-Dollar gegenüber dem Euro bereits stark aufgewertet.

Die Bank of England könnte 2016 als erste größere europäische Notenbank ihre Zinsen anheben, weshalb ich beim Pfund weiteres Aufwertungspotenzial sehe. Die norwegische Notenbank hat ihren Leitzins im Juni um einen Viertelprozentpunkt gesenkt, was zu einer Schwächung der Krone gegenüber dem Euro geführt hat. Ich sehe ein Kursziel von 9,00 norwegischen Kronen je Euro zum Jahresende.

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