„Gründen ist vor allem eins: ein Teamsport!“

Begeistert von der vibrierenden Gründer-Szene an der Uni Stanford hat Helmut Schönenberger vor 22 Jahren an die Technische Universität München einen Start-up Hub aufgebaut. Durch die Unterstützung ansässiger Unternehmen wurde es zu einem riesigen Erfolg. Jetzt soll das Modell in Europa Schule machen.

UnternehmerTUM: das Modell in Europa Schule machen

Es ist ein früher Morgen Anfang April und wir treffen Professor Helmut Schönenberger, Gründer und Geschäftsführer von UnternehmerTUM, am Campus in München. Das Gelände ist so, wie man sich ein Start-up Zentrum vorstellt: Werkstätten, die hier Makerspace heißen, große Räume mit Whiteboards aber auch klassischen Aufsteller mit bunten Post-ist. Dazwischen wuseln junge Menschen in Gruppen, fertigen Teile an, besprechen sich, trinken Kaffee.

Helmut Schönenberger ist derzeit noch beschäftigter als sonst: Seit die Financial Times sein Gründungszentrum „UnternehmerTUM“ als führend in Europa gekürt hat, wollen alle wissen: Wie kann das Erfolgsrezept aus München auch zügig an anderen Orte Früchte tragen?

Herr Professor Schönenberger: Was ist das Erfolgsrezept in München?

Wir haben von Anfang an auf ein starkes lokales Netzwerk gesetzt: aus in der Region ansässigen Unternehmen wie Airbus, BMW, und Mittelständlern, die sehr stark an Innovationen interessiert sind. Hinzu kommen Wagniskapital-Geber aber auch klassische Banken. Mittlerweile sind die erfolgreichen Gründer aus den Anfangs-Jahren selbst Mentoren, Unterstützer oder auch Kunden der nächsten Generation junger Start-ups. Dieses Netzwerk, die Finanzierungsmöglichkeiten und das Wissen machen uns enorm stark.

Wie hat das alles angefangen hier an der TU München (TUM) und was hat das mit Ihnen zu tun?

Ich hatte die Chance, als junger Student der Raumfahrttechnik nach Stanford zu gehen. Und ich war erstaunt, wie viele Gründungen aus dem Umkreis dieser Uni hervorgingen. Ich habe das dann zum Thema meiner Doktorarbeit gemacht, habe die Bedingungen an der TUM und in Stanford verglichen und bin zu dem Schluss gekommen: Was die können, das können wir auch.

Und wie wurde aus dieser Theorie dann Praxis?

Wie so oft liegt er Schlüssel in persönlichen Beziehungen. Mein Mentor, Wolfgang Hermann, war seinerzeit der Präsident der TUM. Er hatte gute Kontakte zur Unternehmerin Susanne Klatten. Beide waren sehr aufgeschlossen. Sie ermutigten mich, die Idee von UnternehmerTUM umzusetzen und machten mich zum Geschäftsführer, Susanne Klatten wurde Vorsitzende unseres Aufsichtsrates. In dieser Rolle unterstützt sie uns auch heute noch.

Sie haben Stanford und München verglichen. Die USA gelten als Gründungseldorado – kann Europa da überhaupt mithalten?

Es hat sich einiges getan in Europa in den letzten Jahren. So gab es seit 2018 vermehrt Anreize und öffentliche Förder-Programme seitens der EU und in einzelnen Ländern. Und auch private Investitionen und Venture Capital sind mehr geworden. 2021 und 2022 sammelten Europäische Venture Funds mehr Geld ein als je zuvor. Hier gab es prozentual sogar mehr Wachstum als in den USA.

Das letzte Jahr war allerdings schwierig für Start-ups. Während es deutschlandweit Einbrüche in der Finanzierung gab, konnten wir dennoch eine positive Bilanz ziehen: Unsere Start-ups haben insgesamt zwei Milliarden US-Dollar eingesammelt.

Wenn ich jetzt eine junge Gründerin wäre mit einer coolen Idee – was bekomme ich an der TUM und bei UnternehmerTUM, was ich anderswo nicht bekomme?

Es sind vor allem drei Dinge, die uns auszeichnen: Wir bieten eine sehr intensive Betreuung für „unsere“ Gründerinnen und Gründer – von der ersten Idee bis zum Börsengang. In über 20 Formaten und Programme lernen sie, Prototypen zu entwickeln, Business-Pläne zu erstellen und was es heißt, ein CEO in einem agilen Umfeld zu sein.

Zweitens finden sich in unserem Ökosystem viele private und öffentliche Unterstützer. Alle geben unseren Start-ups etwas ganz Spezifisches: Beratung, Erfahrung, Netzwerk, Geld – oder sie sind in einer Kundenbeziehung zu unseren jungen Unternehmern. Gründen ist vor allem eins: ein Teamsport!

Und zu guter Letzt sind wir sehr umtriebig, was neue Entwicklungen angeht. UnternehmerTUM wächst im Jahr um 20 bis 25 Prozent. Wir müssen immer am Ball bleiben, was neueste Technologien angeht und müssen uns überlegen, wie wir sie in unsere Programme integrieren können, uns mit den führenden Köpfen vernetzen und neue Finanzierungsmöglichkeiten auftun. Da schauen wir in Richtung öffentliche Förderung, bauen aber auch auf Partner aus der Privatwirtschaft, wie beispielsweise die Deutsche Bank, die mittlerweile Sponsoring-Partner ist und ihr Know-how und ihr internationales Kundennetzwerk einbringt.

Europa ist ein großer Binnenmarkt. Wie kann sichergestellt werden, dass junge Unternehmen zumindest europäisch aufgestellt sind?

Wenn wir mit China und den USA mithalten wollen, müssen wir europäisch denken. Es gibt großartige Start-up-Zentren im Umfeld von Universitäten, wie beispielsweise an der DTU in Kopenhagen oder der TU Wien in Österreich.

Um das Potenzial solcher Hubs zu heben, schaffen wir gerade mit „Rise Europe“ einen Verbund an Gleichgesinnten, ein Netzwerk europäischer Start-up-Ökosysteme. Wir wollen – ähnlich wie hier in München – an den einzelnen Standorten Unis, Family Offices und große Unternehmen zusammenbringen. Wichtig ist aber vor allem, dass wir die Hürden für junge Unternehmen verringern und ihnen den Marktzugang in einzelne Länder erleichtern. Und wir wollen Wagnis-Kapital auf europäischem Level einsammeln.

Ziel ist es, zu Europas technologischer Unabhängigkeit beizutragen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir müssen unser erstklassiges Wissen dazu nutzen, Technologieführer aufzubauen – insbesondere in den Bereichen KI, erneuerbare Energien und neue Mobilität.

Wenn Sie heute 18 Jahre alt wären – was würde Sie besonders reizen als Gründer?

Definitiv ein Unternehmen, das zur globalen Nachhaltigkeit beiträgt – vermutlich im Bereich Kernfusion.

Gruppendiskussion

Deutsche Bank und UnternehmerTUM

Die Deutsche Bank fördert das Gründungs- und Innovationszentrum UnternehmerTUM. Seit 22 Jahren unterstützt es Tech-Start-ups. Jedes Jahr nehmen rund 50.000 Menschen die Angebote wahr.

Junge Gründer und Studierende finden dort Know-how rund ums Gründen und ein großes Netzwerk von öffentlichen Förderern, Dax-Konzernen, Mittelstand und Investorinnen.

„Als global aufgestellte Universalbank können wir bei UnternehmerTUM junge Technologieunternehmen in allen Phasen ihrer Entwicklung unterstützen: bei der Kapitalbeschaffung, mit unserem Netzwerk und nicht zuletzt mit unserer ganzheitlichen Finanzberatung. Gleichzeitig unterstreicht unsere Partnerschaft mit UnternehmerTUM unseren Anspruch, in unserem Heimatmarkt die führende Bank im Technologie-Sektor zu werden“, erklärt Milos Spiridonovic, der Technologie-Kunden der Deutschen Bank berät.

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