Kreislaufwirtschaft auf dem Weg

Auf dem Weg in die Kreislaufwirtschaft?

Die Kreislaufwirtschaft könnte viele Probleme lösen, doch die Hürden sind hoch und der Weg dahin weit. Welche Länder heute schon fleißig recyceln, was besonders häufig weggeschmissen wird und wie sich der Markt entwickeln könnte. Eine Übersicht.

Rohstoffmangel, Umweltverschmutzung, fragile Lieferketten – für einige der großen Probleme unserer Zeit bietet Kreislaufwirtschaft Lösungen. Die Idee dahinter ist, Produkte so lange wie möglich zu nutzen, auch gemeinschaftlich, sie zu reparieren und recyceln. So soll ihr Lebenszyklus verlängert und Abfall auf ein Minimum reduziert werden.

Damit steht die Kreislaufwirtschaft im Gegensatz zum traditionellen, linearen Wirtschaftsmodell, das bisweilen auch als „Wegwerfwirtschaft“ kritisiert wird. Da es bisher noch immer relativ günstig ist, Rohstoffe aus der Erde zu fördern, sind die Anreize zur konsequenten Ressourcenschonung für Unternehmen noch gering. 

2021 verbrauchten Menschen etwa 100 Milliarden Tonnen Rohstoffe wie Öl, Metalle und Gas. Laut dem „Circularity Gap Report“ wurden nur 8,6 Prozent davon wiederverwendet. Oder andersherum: Mehr als 90 Prozent nicht. Mit den zunehmenden geopolitischen Spannungen wird die Verfügbarkeit von Ressourcen jedoch zu einem immer größeren Risiko. Zudem hat der Abbau neuer Rohstoffe mitunter große Auswirkungen auf Umwelt und biologische Vielfalt. 

Auch deshalb beschäftigen sich Firmen aus unterschiedlichen Branchen intensiv mit neuen Geschäftsmodellen, die in puncto Nachhaltigkeit auf die Kreislaufwirtschaft setzen – und könnten damit einen Boom für diese Art des Wirtschaftens auslösen. Kann die Abkehr vom Prinzip "Take-Make-Waste" gelingen?

Kreislaufwirtschaft Marktentwicklung

Wie sich der Markt entwickeln könnte

2020 betrug der weltweite Umsatz der Kreislaufwirtschaft laut Bundesumweltministerium und der Beratungsgesellschaft Roland Berger noch 148 Milliarden Euro. Ihrer Prognose nach könnte dieser Markt bis 2030 auf 263 Milliarden Euro wachsen, was einen Anstieg von 78 Prozent bedeuten würde. 

In Deutschland könnte das Marktvolumen im gleichen Zeitraum von 24 Milliarden Euro auf 32 Milliarden zunehmen. Damit wächst die Kreislaufwirtschaft laut der Prognose allerdings nicht so stark wie andere Märkte im Bereich Umwelttechnik. Als Grund gelten vergleichsweise lange Innovationszyklen, vor allem bei neuen Recyclingverfahren wie dem Kunststoffrecycling und Batterierecycling. Die Wirtschaft nachhaltig umzustellen, braucht Zeit.

Kreislaufwirtschaft Recycling-Vorbilder

Die Vorreiter

Beim Recyceln sind Slowenien und Südkorea im internationalen Vergleich führend, wie das Statistikportal Statista zeigt. Zumindest wenn es um Siedlungsabfälle geht, also die alltäglichen Abfälle, die die Kommunen sammeln und behandeln und die hauptsächlich von Haushalten erzeugt werden. Slowenien recycelte 2021 58,5 Prozent seiner Siedlungsabfälle, in Südkorea waren es 2020 56,5 Prozent. Die Schlusslichter in dem Ranking waren Chile, das 2018 0,4 Prozent seiner Siedlungsabfälle recycelte und Costa Rica, das 2021 eine Recyclingquote von 3,9 Prozent aufwies.  

Die EU hat sich als Ziel gesetzt bis 2030 60 Prozent der Siedlungsabfälle wiederzuverwenden und zu recyceln. Siedlungsabfälle machten dort 2021 etwas mehr als ein Viertel des gesamten Abfallaufkommens aus. Im Schnitt lag der Anteil an Recycling und Kompostierung in den 27 Mitgliedsstaaten bereits bei etwa 50 Prozent.

Lebensmittelverschwendung

Was besonders oft weggeschmissen wird

Wie wichtig diese Recycling-Bemühungen sind, zeigt auch ein Blick auf die Abfallentwicklung. Waren es nach Angaben der Weltbank 2016 noch rund zwei Milliarden Tonnen, könnten es Schätzungen zufolge 2030 bereits 2,6 Milliarden und 2050 3,4 Milliarden Tonnen werden. In ihrem Bericht „What a waste 2.0“ gehen die Autor*innen der Weltbank davon aus, dass bis 2050 Müll doppelt so stark zunehmen könnte wie das Bevölkerungswachstum. 

Besonders tragisch: Den größten Anteil am Müll macht Essen aus. Weltweit werden dem Weltwirtschaftsforum zufolge 40 Prozent der hergestellten Lebensmittel weggeschmissen. Allein mit den Nahrungsmitteln, die in den landwirtschaftlichen Betrieben verloren gehen, könnte man alle unterernährten Menschen auf der Welt viermal ernähren.   

Batterie-Kreislauf

Best Practice Elektromobilität: „Neue Mine“ Recycling?

Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft kann auch in der Industrie äußerst wertvoll sein. Das zeigt insbesondere das Paradebeispiel Elektromobilität. Für die benötigten Batterien werden bisher in großem Maßstab Rohstoffe gefördert und über weite Strecken transportiert. Die daraus entstehenden Abhängigkeiten könnte man reduzieren, wenn man die Stoffe aus verbrauchten Batterien zurückgewinnen würde. 

Der Chef des europäischen Batteriezellkonglomerats Automotive Cell Company, Yann Vincent, bezeichnete Recycling in einem Interview mit dem Handelsblatt sogar als „die neue Mine“. Wir könnten mehr als 95 Prozent unserer Schlüsselrohstoffe aus unseren eigenen Zellen recyceln, ist er überzeugt. Momentan spiele das noch keine große Rolle. Wenn allerdings die aktuell verbauten Batterien in 15 Jahren das Ende ihres Lebenszyklus erreichen, wären sehr große Mengen vorhanden – viel Potenzial für einen geschlossenen Kreislauf.    

 

Kreislaufwirtschaft: Start-Ups starten durch

Know-how aufbauen: Start-Ups als Vorreiter?

Häufig entstehen Innovationen durch Start-ups, das ist in Kreislaufwirtschaft genauso wie in der IT oder anderen Bereichen. In Deutschland gelten nach einer Analyse des Münchener Gründungszentrums UnternehmerTUM 171 Start-ups als "circular economy start-ups". Das sind die meisten in Europa. Auf den Plätzen zwei und drei liegen Frankreich und die Niederlande. 

Die Investitionen in diese Kreislaufwirtschaft-Start-ups sind der Analyse zufolge in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Weltweit waren es 2022 etwa 5,4 Milliarden Dollar. Eine weitere interessante Beobachtung: Die Investitionen pro Start-up steigen im Laufe der Zeit, von einer Finanzierungsrunde zur nächsten, signifikant an – was für den Erfolg der jungen Unternehmen spricht. 

Auch beim Thema Diversität können diese Start-ups laut der Analyse punkten. Während der Frauenanteil bei neu gegründeten Unternehmen generell bei 20 Prozent liegt, ist er dort um 50 Prozent höher. Das gilt insbesondere für Start-ups, die sich auf das Rückgewinnen von Materialien und das Verwenden von nachwachsenden oder recycelten Ressourcen spezialisiert haben: Hier sind fast die Hälfte aller Gründer*innen weiblich.

 

Georg Berger

Georg Berger

…interessiert sich dafür, welche Möglichkeiten die Kreislaufwirtschaft bringt und wie sie Firmen in ganz unterschiedlichen Branchen helfen könnte.

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