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Medieninformation
17. Januar 2019
Viele von uns verfolgen derzeit gebannt die Nachrichten aus im Fernsehen. Aber wie beurteilen die Experten der Deutschen Bank die jüngsten Entwicklungen rund um den Brexit? Durchaus unterschiedlich, wie sich zeigt.
David Folkerts-Landau, Chefvolkswirt
„Ob eine Einigung zustande kommt, hängt aber letztlich davon ab, inwieweit die EU einräumt, dass sie ihre starke Verhandlungsposition dafür genutzt hat, die May-Regierung zu einem Abkommen zu bewegen, das so untragbar war. In diesem Punkt bin ich nicht allzu optimistisch. Ein so genannter „ungeordneter“ Ausgang wird nicht so ungeordnet sein wie vielfach behauptet.
Die wirtschaftliche Notwendigkeit auf beiden Seiten des Kanals wird zu Sofortmaßnahmen führen, damit der grenzüberschreitende Handel weiter läuft. Kurzfristig werden aber sowohl Großbritannien als auch die EU leiden. Ein ungeordneter Ausstieg ohne Sofortmaßnahmen dürfte in einer sich bereits abschwächenden EU-Wirtschaft sogar zu einer Rezession im laufenden Jahr führen.“
Oliver Harvey, Brexit-Experte, Deutsche Bank London
„Mehr als zwei Jahren nachdem das Vereinigte Königreich den Artikel 50 zum EU-Austritt ausgelöst hat und nach mehr als 18-monatigen Verhandlungen ist endlich eine Einigung rund um den Brexit in Reichweite. Wir rechnen mit einem steigenden britischen Pfund und heben das Kursziel auf 0,84 EUR/GBP an."
Helmut Kaiser, Chefstratege, Wealth Management
„Wie seit der Brexit-Abstimmung im Juni 2016 zu sehen ist, hängt das Schicksal der britischen Aktien stark von der Richtung des britischen Pfunds ab. Wenn es einen harten Brexit ohne Deal gäbe, würden Anleger britische Vermögenswerte noch stärker meiden. Ein starker Rückgang des britischen Pfunds könnte britische Aktien zwar etwas Auftrieb verleihen. Zugleich würden solche Szenarien jedoch zu erheblicher Unsicherheit führen und mehr Volatilität führen, begleitet von einer allgemein negativen Marktstimmung.“
Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege DWS
„Leider ist weiterhin alles möglich. Neuwahlen, eine Verlängerung der Frist für Artikel 50 oder sogar ein zweites Referendum. Wie viele unserer Kollegen hoffen wir weiterhin auf einen geordneten Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Aber der Weg dorthin ist unklar und mit vielen Hürden gepflastert. Wir müssen auch anerkennen, dass die Wahrscheinlichkeit eines harten Brexits gestiegen ist.“
Stefan Schneider, Chefvolkswirt für Deutschland
„Es ist eine gewisse Paradoxie: Gerade die klare Niederlage von Premierministerin Teresa May könnte nun den Weg freimachen für eine parteiübergreifende Lösung in London. Denn der ungeliebte Kompromiss mit der EU, so wie er krachend scheiterte, könne doch noch mit einigen Änderungen in London zustimmungsfähig werden. Denn erklärtermaßen wünscht sich die große Mehrheit der Abgeordneten keinen ungeordneten Brexit.
Die gerade durch den Brexit bedingte Unsicherheit für die deutsche Wirtschaft geht wohl noch für einige Zeit weiter. Allerdings hat die deutsche Exportindustrie in den vergangenen Monaten ihre Hausaufgaben gemacht und bereitet sich auch auf einen harten Brexit vor. Man hat sich darauf vorbereitet, neue Lieferketten zu schmieden, und wird von der 'just-in-time'-Produktion stärker auf Lagerhaltung zurückgreifen.“
Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für die Privat- und Firmenkunden
„Viele Analysten haben wegen der wohl sinkenden Unsicherheit ihre Prognosen für das Pfund angehoben und äußern sich insgesamt positiv zur Zukunft der britischen Wirtschaft. Auch ich erwarte eine anhaltende Pfundstärke: Es ist vorstellbar, dass Mays katastrophale Niederlage einen Konsens im Parlament erzwingt, der in Neuverhandlungen mit der EU mündet und einen harten Brexit verhindern kann.”
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