Nachricht 9. Mai 2016

Zertifikate: Alleskönner für jede Marktlage

Keine Wertpapierart bietet so viele Möglichkeiten: Zertifikate können Risiken dämpfen und in stagnierenden Märkten für positive Renditen sorgen. Doch Anleger sollten immer einen kritischen Blick auf den Emittenten werfen.

Achterbahn im Park Mit Risikopuffer von der Entwicklung des Aktienmarkts profitieren oder eine attraktive Verzinsung erzielen, obwohl sich die Kurse seitwärts bewegen? Mit Zertifikaten ist das möglich. Als ausgesprochen vielseitiges Anlageinstrument können sie auch in der privaten Anlagestrategie sinnvoll eingesetzt werden. Aber wie funktioniert das konkret? Formal gesehen sind Zertifikate Schuldverschreibungen: Wer ein solches Papier erwirbt, leiht dem Herausgeber (dem „Emittenten“) Geld.

Im Gegensatz zu einer klassischen Anleihe bieten Zertifikate in der Regel aber keine feste Verzinsung, sondern die Teilhabe an der Entwicklung eines Basiswerts. Dieser Basiswert kann eine Aktie sein, ein Index, ein Rohstoff, eine Währung – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Im einfachsten Fall folgt das Zertifikat der Entwicklung des Basiswerts, wie bei einem Indexzertifikat, das den Verlauf eines Marktindex möglichst eins zu eins abbildet. Je nach Ausgestaltung können Anleger aber auch von fallenden Kursen des Basiswerts profitieren, sie können Risiken dämpfen oder, wenn sie mehr Risiko eingehen wollen, ihre Renditechancen erhöhen.

Risiken und Renditen gezielt steuern

Zertifikate können auch für kurzfristige Spekulationen eingesetzt werden, doch sind spekulative Käufer deutlich in der Minderheit. Nach Angaben des Deutschen Derivate Verbands (DDV) hatte der deutsche Zertifikatemarkt im Februar 2016 ein Gesamtvolumen von 68,4 Mrd. Euro. Nur 2,3 Prozent dieser Summe entfielen laut DDV auf Optionsscheine und andere riskante Hebelprodukte, die restlichen 97,7 Prozent waren Anlagezertifikate mit und ohne Kapitalschutz.

Der entscheidende Vorteil von Zertifikaten ist, dass man mit ihnen Risiken und Renditen gezielt steuern kann. So können Anleger zum Beispiel auch in seitwärts tendierenden oder leicht fallenden Märkten Renditechancen wahrnehmen.
Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank

Ein gutes Beispiel sind Aktienanleihen. Sie beziehen sich in der Regel auf eine Aktie als Basiswert. Die Laufzeit beträgt zum Beispiel zwei Jahre. In dieser Zeit erhält der Anleger einen garantierten Zins, der höher ist als bei klassischen Anleihen. Gleichzeitig wird beim Kauf ein Basispreis festgelegt. Zum Laufzeitende wird der Kurs der Aktie mit dem vereinbarten Basispreis verglichen.

Liegt der Kurs auf oder über dem Basispreis, erhält der Anleger sein eingezahltes Kapital zurück und profitiert so uneingeschränkt von der hohen Verzinsung. Wird der Basispreis unterschritten, erhält der Anleger stattdessen die Aktie, was seinen Gewinn schmälern oder in einen Verlust umkehren kann. Aktienanleihen können für Anleger geeignet sein, die feste Zinszahlungen bevorzugen und zusätzliche Renditemöglichkeiten in schwankungsarmen Märkten suchen.

Eine Alternative für schwankungsarme Märkte sind Expresszertifikate. Angenommen, eine Aktie kostet 100 Euro. Ein Anleger kauft ein Expresszertifikat auf diese Aktie zum gleichen Preis. Anschließend wird fünf Jahre lang einmal jährlich geprüft, ob der Aktienkurs bei 100 Euro oder darüber liegt. Ist dies nach dem ersten Jahr der Fall, erhält der Anleger zum Beispiel 110 Euro, und die Laufzeit des Zertifikats ist beendet. Notiert die Aktie unter 100 Euro, läuft das Zertifikat weiter.

Die Prüfung wiederholt sich jährlich, wobei die mögliche Auszahlung von Jahr zu Jahr steigt. Erst wenn die Aktie auch am letzten Beobachtungstermin weniger als 100 Euro wert ist, kann der Anleger unter bestimmten Voraussetzungen einen Verlust erleiden. Bei steigenden Kursen profitieren Anleger dagegen möglicherweise schon nach einem Jahr von einer relativ hohen Verzinsung.

Auf die Bonität des Emittenten achten

Beide Strategien haben gemeinsam, dass sich mit ihnen eine Seitwärtsbewegung des Basiswerts in eine positive Verzinsung umwandeln lässt. Bei Aktienanleihen wirken die garantierten Zinszahlungen darüber hinaus wie ein Risikopuffer, wenn die Kurse fallen. Erkauft wird dieser Vorteil durch einen begrenzten Ertrag: Starke Kursgewinne des Basiswerts machen beide Zertifikate nicht mit.

Zertifikate bieten vielfältige Möglichkeiten, Markterwartungen abzubilden. Doch auf eines sollten Anleger unbedingt achten: Der Käufer eines Zertifikats trägt, wie bei jeder Schuldverschreibung, ein Emittentenrisiko. Wird der Herausgeber zahlungsunfähig, kann das investierte Kapital ganz oder teilweise verloren gehen. Die Bonität des Emittenten ist daher ein wichtiges Entscheidungskriterium beim Kauf.

Im Zweifelsfall kann hier der Bankberater wertvolle Hinweise geben. Er ist auch der erste Ansprechpartner, wenn es darum geht, eine persönliche Zertifikatestrategie zu entwickeln und aus dem riesigen Angebot – Ende Februar zählte der DDV über 1,2 Mio. verschiedene Zertifikate in Deutschland – die passenden Papiere herauszufiltern. Fortgeschrittene Anleger können interessante Zertifikate auch mit einem Zertifikat-Finder im Internet suchen.

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