Aufgeblüht: Leben im Flughafenviertel von Madrid
Gebäude verursachen bis zu 50 Prozent der CO2-Emissionen in Städten, so auch in Madrid. Um bis 2050 klimaneutral zu werden, will die spanische Hauptstadt einige ihrer einkommensschwachen Viertel renovieren. Und muss erst einige Skeptiker überzeugen.
Mit mehr als 3,2 Millionen Einwohnern ist Madrid die zweitbevölkerungsreichste Stadt in der Europäischen Union. Ihre Sehenswürdigkeiten wie der Palacio Real und das Museo Nacional del Prado ziehen jedes Jahr Millionen von Touristen an – über 6 Millionen allein im Jahr 2019. Viele von ihnen kommen mit dem Flugzeug auf dem Hauptflughafen Madrid-Barajas an.
Barrio del Aeropuerto: Vom hässlichen Entlein zum schönen Schwan
Unweit des Flughafens zeigte sich Madrid von seiner grauen Seite: Das Barrio del Aeropuerto (Flughafenviertel) ist eine karge Gegend, die in den 1950er Jahren gebaut wurde. Es ist umgeben von der Autobahn A-2 und Industriegebäuden, ohne jegliche Grünflächen und ohne den Charme der sonst so beliebten spanischen Urlaubsorte.
Mit der Zeit wurde das Viertel von der Stadt Madrid isoliert. Mittlerweile blüht das Barrio del Aeropuerto auf. Und das ist einem der größten Stadterneuerungsprojekte der Metropole zu verdanken.
Madrids Umweltstrategie
Um zu verstehen, wie und warum es dazu kam, ist es hilfreich, einen genaueren Blick auf Madrids Umweltstrategie zu werfen. Aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung und der touristischen Aktivitäten trägt die Stadt maßgeblich zu den Millionen Tonnen CO2 bei, die Spanien jedes Jahr produziert. Madrid sieht sich jedoch an vorderster Front im Kampf gegen den Klimawandels und hat sich ambitionierte Ziele gesetzt, die sogar über die von der Europäischen Kommission hinausgehen.
Gemäß seiner 360°-Umweltstrategie sollen die Treibhausgasemissionen der Stadt um 65 Prozent gesenkt und bis 2050 Klimaneutralität erreicht werden. Madrid ist auch Teil der C40-Allianz , einer Koalition von Städten, die sich verpflichtet haben, umfassende und resiliente Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Eine Analyse ergab: die größte Wirkung, um die schädlichen Treibhausgase zu senken, hat die Sanierung von älteren Wohnungen.
Hier zielt Madrid speziell auf die Sanierung der einkommensschwachen Viertel wie beispielsweise das Barrio del Aeropuerto. Letzteres ist ein Arbeiterviertel mit über 570 Wohnungen und mehr als 1500 Menschen, von denen 70 Prozent über 65 Jahre alt sind. Da seit Jahren keine Investitionen getätigt wurden, befand es sich in einem schlechten Bauzustand – bis zur Sanierung.
Hauptziel: die Energieeffizienz der Gebäude verbessern. So soll der Energieverbrauch und die Emissionen reduziert und mehr grüne und soziale Bereiche geschaffen werden.
Gebäude Nr. 24 vor der Sanierung …
… und danach.
„Es war nicht einfach, die Nachbarn davon zu überzeugen. Viele Jahre hat sich niemand um uns gekümmert, sie konnten gar nicht glauben, dass es diesmal anders wäre“, sagt José Luis Cañabete, Vorsitzender der Nachbarschaftsvereinigung Barrio Aeropuerto.
„Da die Nachbarn skeptisch waren, mussten wir die Renovierung finanzieren. Dazu brauchten wir einen Partner wie die Deutsche Bank“, sagt Joaquín Solis, Geschäftsführer von Neuban, dem Bauunternehmen, das die Renovierung durchgeführt hat.
Die Deutsche Bank hat „eine sehr lange Tradition in der Finanzierung von Gebäudesanierungen für soziale und ökologische Verbesserungen. Aber das war das erste Mal, dass wir ein komplettes Stadtviertel gebaut haben“, sagt Alvaro Pino von der Internationalen Privatkundenbank in Spanien.
Die Veränderung im Stadtteil ist heute so beeindruckend, dass wir stolz auf unsere Arbeit sind. Hier kann man die direkte Wirkung sehen, die wir haben.
Zu seinem Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel sagt Joaquín Solis: „Wir haben die Energieeffizienz verbessert und den Wärmebedarf pro Gebäude um durchschnittlich 60 Prozent gesenkt, was zu weniger lokalen Schadstoffen und 1.000 Tonnen weniger CO2-Emissionen pro Jahr führt. Außerdem tragen wir dazu bei, die Anfälligkeit für Energiearmut zu verringern“.
Auch in Sachen Barrierefreiheit wurden die Gebäude verbessert: „Wir haben in allen Gebäuden Aufzüge eingebaut und Rampen im Eingangsbereich errichtet. In Anbetracht des Durchschnittsalters der Anwohner ist dies eine echte Verbesserung ihrer Mobilität“, so Solis.
Nach anfänglicher Zurückhaltung beginnt das Quartier nun aufzublühen.
Der erste Teil der Renovierung ist abgeschlossen, die meisten Gebäude sind sehr viel besser
„Es war ein langer Weg, aber er hat sich gelohnt. Es stehen noch einige Arbeiten an, aber es wurde schon viel getan. Die von uns getätigten Investitionen haben den Wert unserer Häuser verbessert und uns ein ebenfalls sehr wichtiges finanzielles Polster verschafft“, so Cañabete abschließend.
Wenn Sie das nächste Mal am Flughafen Madrid-Barajas ankommen, werfen Sie zuerst einen Blick auf das Barrio del Areopuerto, bevor Sie ins Zentrum von Madrid fahren. Es ist keine verarmte Gegend mehr, sondern der inspirierende Schauplatz eines Projekts, das die Tür zu nachhaltigen Lebensformen öffnet.
Über Neuban
NEUBAN ist ein Bauunternehmen, das sich auf die Renovierung und Sanierung von Gebäuden spezialisiert hat. Das Team hat mehr als 250 Gebäude in Madrid saniert. Dabei legen sie einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz.
Sofía Labastida
… wurde in Mexiko-Stadt geboren und lebt seit 15 Jahren in Madrid, wo sie all die schönen und unschönen Seiten des Großstadtlebens miterlebt. Als Mitarbeiterin der Deutschen Bank Spanien hat sie mit NGOs gearbeitet, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen. Das hat sie überzeugt, dass jeder einen Beitrag leisten kann, Großstädte zu einem nachhaltigeren Ort zu machen.
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