Mann Treppe steigend

Der schwierige Weg von der Effizienz zur Resilienz

Kann unsere wachstumsorientierte Wirtschaft den Weg von Effizienz hin zu mehr Resilienz finden? Und was braucht es dafür? Unser Dossier „Bereit und belastbar?“ blickt auf die Weltwirtschaft, Unternehmen und auf gestern, heute und morgen.

IT-Dienstleistungen sind der Exportschlager der ukrainischen Wirtschaft. Rund 38 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes entfällt auf die Branche und mit sechs Prozent wuchs das Geschäft im Jahr 2022 solide weiter. Das ist umso bemerkenswerter, als dass das vergangene Jahr für die Ukraine, ihre Wirtschaft und nicht zuletzt die Ukrainer*innen selbst kein normales Jahr war.

Das zeigt auch der Blick auf die Gesamtwirtschaft: Seit Beginn des russischen Angriffskriegs sank die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes insgesamt um etwa 35 Prozent – Fabriken und Verwaltungen wurden zerstört, Menschen flüchteten oder wurden zum Dienst an der Front einberufen. Wie konnte diese massive Krise an der IT-Branche offenbar spurlos vorübergehen?

Resilienz in Zeiten der Polykrise

Diese Ausgabe unseres What-Next-Webmagazins geht der Frage nach, als wie resilient sich unsere Wirtschaft in der Zeit der Polykrise erweist und welche Strategien Unternehmen anwenden, um widerstandsfähiger zu werden. Unsere Autoren sprachen dafür mit Wirtschaftsexperten und Unternehmenslenker*innen.

Ukraine

Was auf den ersten Blick überrascht, ist auf den zweiten Blick kluges Kalkül. Die IT-Branche der Ukraine ist ein Musterbeispiel für ökonomische Resilienz. Sie schöpfte ihre Stärke aus den Erfahrungen einer früheren, mittlerweile überstandenen Krise: der Corona-Pandemie. In der Zeit von Lockdowns und Quarantäne statteten die Unternehmen ihre Mitarbeitenden für mobiles Arbeiten aus, flexibilisierten Prozesse und vertrauten darauf, dass das Geschäft auch weiterläuft, wenn alle von zu Hause arbeiten. Die einmal erlernten Strategien ließen sich nach Ausbruch des Krieges erneut anwenden. Zusätzlich verschafften agile Prozesse und schnelle Entscheidungen einen wichtigen Zeitvorsprung, um auch auf neue Herausforderungen reagieren zu können: Notstromaggregate, Internetverbindungen per Satellit, Server und IT-Hubs im Ausland waren vergleichsweise schnell organisiert.

So steht die ukrainische IT-Branche prototypisch für Stärke durch Wandel. Umso wichtiger wird dies in Zeiten, in denen sich Krisen gegenseitig überlagern und verstärken. Der Wirtschaftshistoriker Professor Adam Tooze von der Columbia Universität spricht in diesem Zusammenhang von Polykrisen. Spätestens seit den 1970er Jahren sei absehbar, dass stetiges Wirtschaftswachstum automatisch zu stark steigenden wirtschaftlichen Risiken führe. „Dies zu erkennen und es in der Realität zu erleben, sind jedoch zwei unterschiedliche Dinge.“ Eine vergleichbare Situation der Polykrise hätte es – mit ganz anderen Ursachen und Folgen – zuletzt in den 1920 Jahren gegeben. Und ist die Polykrise einmal in Gang, ist sie irreversibel. Die Welt wird danach also definitiv anders aussehen als zuvor.

Adam Tooze

Foto: GARY DOAK / Alamy Stock Photo

Resilienz bedeutet, schnell und flexibel auf Schocks und Krisen zu reagieren und sich mittels Innovation an neue Situationen anzupassen. 
Professor Jakob Edler, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

Umso wichtiger also, dass Unternehmen sich dem Thema stellen: „Resilienz bedeutet, schnell und flexibel auf Schocks und Krisen zu reagieren und sich mittels Innovation an neue Situationen anzupassen“, sagt Professor Jakob Edler vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. Schnelligkeit, Flexibilität und kontinuierliches Lernen seien wesentliche Faktoren, um künftige Krisen besser meistern zu können, ihnen möglicherweise sogar komplett zu entgehen. Dabei zahle sich eine hohe Resilienz nicht nur langfristig, sondern auch im Unternehmensalltag aus: Sie flexibilisiert Geschäftsprozesse und stärkt die Fähigkeit innovativ zu arbeiten – wie die ukrainische IT-Branche beweisen konnte.

Das haben wir so noch nie gesehen? Krisen und wie Unternehmen damit umgegangen sind, im Rückblick. 

Holzturm

Ein Schock an der Rohstoffbörse, fehlende Rohstoffe, die Mitarbeitenden in Kurzarbeit, die Auftragsbücher plötzlich übervoll – die Krise hat viele Gesichter. Die Unternehmer*innen von Cronimet und Mosca erklären, was sie aus vergangenen Krisen für die Zukunft gelernt haben.

Eine wichtige Voraussetzung dafür ist jedoch die Bereitschaft, zu investieren. In gut ausgestattete Arbeitsplätze, stabile Lieferketten und optimale Wertschöpfung beispielsweise. Doch in einer laufenden Krise zu investieren, fällt schwer. Die Wirtschaftsberatung McKinsey () empfiehlt, sich auf wenige Schwachstellen zu fokussieren:  

  1. Die wichtigsten materiellen Risiken identifizieren und einem Stresstest unterziehen
  2. Entscheidungen treffen, wie diese Risiken schnell und effizient minimiert werden können
  3. Maßnahmen in agilen Teams umsetzen und deren Erfolg überwachen

Das Ergebnis wird eine Organisation sein, die präventiv auf mögliche Krisen vorbereitet ist, im Störfall bereit ist, schnell zu reagieren und danach bald zu alter Stärke zurückfindet oder sogar gestärkt ist.

Unternehmerischer Erfolg: Felix Winnands

Felix Winnands

… bewundert Menschen, die sich von Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen, sondern immer neue Wege einschlagen. Beim Gespräch mit dem Unternehmerehepaar Mosca fand er diese Eigenschaften wieder – zusammen mit einer ungewöhnlichen Klarheit und Offenheit, ihre Geschichte zu erzählen.

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Wie widerstandsfähig ist unsere Wirtschaft? Deutsche-Bank-Analyst Henry Allen erklärt, wie Volkswirtschaften auf Krisen reagieren und ob das Schlimmste vorbei ist.

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