KI im Cyber-Dilemma: Retter oder Komplize?
Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch. Die Meinungen sind gespalten und könnten in Bezug auf Cybersicherheit und künstliche Intelligenz kaum kontroverser sein. Der Einsatz von KI für kriminelle Zwecke wie Fehl- und Desinformationen ist weitreichend. Doch sind wir uns dessen wirklich immer bewusst?
Eine neue Stufe der Cyberkriminalität
Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz verspricht nicht nur Fortschritte in vielen Bereichen, sondern birgt auch erhebliche Risiken, beispielsweise für die Cybersicherheit. Cyberkriminelle können mit KI viel mehr Schaden anrichten. Selbst unerfahrene Hacker können mit KI-Tools hochentwickelte Angriffe durchführen. Diese Tools können Schwachstellen in Systemen automatisch erkennen und ausnutzen, was zu einer starken Zunahme von Cyberattacken führt.
Laut Statista wurden im Jahr 2023 weltweit fast 17 Millionen Cybercrime-Vorfälle registriert. Das britische Zentrum für Cybersicherheit erwartet, dass KI das Volumen und die Auswirkungen von Cyberangriffen in den nächsten zwei Jahren erhöhen wird. Der bisherige Höhepunkt von mehr als 19 Millionen Angriffen im Jahr 2021 könnte erreicht oder überschritten werden.
Der Wolf im Schafspelz
Die größten Risiken der kommenden zwei Jahre sind Fehl- und Desinformation, heißt es im „Global Risk Report 2024“ des Weltwirtschaftsforums. diese Risiken nehmen zu, weil generative KI mehr und mehr dazu genutzt wird, „synthetische Inhalte“ zu erzeugen, beispielsweise Stimmklone, gefälschte Videos (Deepfake) und Webseiten, die von echten kaum zu unterscheiden sind. Eine getarnte Gefahr.
Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre belegen Desinformation und Fehlinformation mit Platz fünf und die konkreten Auswirkungen von KI mit Platz sechs, direkt nach vier Risiken, die mit dem Klimawandel zusammenhängen.
Gefährliche Suchmaschinen
Unausgereifte KI-Suchsysteme können dazu beitragen, dass sich falsche Informationen schneller verbreiten. Ein gutes Beispiel: Google AI schlug einem Nutzer vor, Käse auf eine Pizza zu kleben – mit Klebstoff. Über ein solch offensichtliches Halluzinieren lässt sich schmunzeln. Aber dass diese Systeme offenbar anfällig sind für Manipulationen, ist ein Problem. Sie können gefälschte Inhalte oft nicht erkennen und herausfiltern und bringen falsche, aber sehr überzeugende Informationen in Umlauf. Und das hat schon jetzt erkennbare Auswirkungen auf unsere Gesellschaften: Vertrauen wird untergraben. Ein Beispiel dafür ist die Nutzung von KI, um mit gefälschten Nachrichten Wahlen zu beeinflussen. Damit bedrohen sie auch die Demokratie.
Jüngere Menschen vertrauen KI mehr, ältere sind skeptischer. Unabhängig vom Alter wird es für uns Menschen noch wichtiger, Informationen auf fehlende oder falsche Quellenangaben oder Inkonsistenz zu prüfen, diese zu hinterfragen und mehrere vertrauenswürdige Quellen heranzuziehen.
Breites Spektrum
Neben Fehl- und Desinformationen, ob als Text, Bild oder Bewegtbild und unausgereifte KI-Suchmaschinen, setzen Betrüger KI auch für Missbrauchs-Zwecke ein. Das Spektrum ist groß. Gefälschte Bilder und Texte können genutzt werden, um Phishing-E-Mails, Webseiten oder betrügerische Social-Media-Profile zu erstellen. Diese zielen darauf ab, Geld und Daten zu stehlen. Mit gut gefälschten Videos und Stimmklonen ist es einfacher, Menschen zu betrügen und zu erpressen.
Beispielsweise täuschen die Kriminellen vor, dass ein Familienmitglied in Not ist, und locken ihre Opfer so in eine emotionale Falle. Ein weiteres Beispiel sind KI-gesteuerte Chatbots, die so menschlich wirken, dass Menschen ihnen ihre Passwörter oder PINs anvertrauen. Bei all diesen Methoden werden die Systeme immer ausgereifter und schwieriger auf Echtheit zu prüfen. Sich dessen bewusst zu sein ist inzwischen eine wichtige Fähigkeit.
Schützende Barriere
KI wird nicht nur dafür eingesetzt, Menschen zu betrügen, sondern auch für das Gegenteil: Betrug vorzubeugen und abzuwehren. Die Anwendungsmöglichkeiten sind auch hier vielfältig. KI-Systeme erkennen Betrugsversuche sofort und können Schäden automatisch verhindern. Sie können großen Datenmengen analysieren und effektiv verarbeiten. Ohne KI basieren viele Sicherheitsstrategien auf statischen Regeln. Da KI kontinuierlich hinzulernen kann, kann sie auch schneller mit neuen Bedrohungen umgehen. Von mehr Sicherheit durch KI können auch kleinere Unternehmen profitieren.
KI ersetzt keine Menschen und kann ohne diese auch nicht sinnvoll eingesetzt werden, denn sie ist in der Zusammenarbeit mit Menschen weniger fehleranfällig. Weil sie Bedrohungen schnell und einfach entdeckt, kann das Kosten senken und Effizienz steigern. Laut einem Bericht von IBM sparen Unternehmen, die Sicherheits-KI und Automatisierung umfassend einsetzen, durchschnittlich 2,22 Millionen US-Dollar im Vergleich zu denen, die dies nicht tun.
Katrin Palm
... verantwortet den Bereich Digital Content und Campaigning und ist von den Möglichkeiten der KI fasziniert. Sie sieht aber auch die Notwendigkeit, insbesondere wenn es um Sicherheit im Netz geht, über Missbräuche noch stärker aufzuklären und über Präventionsmöglichkeiten auf dem Laufenden zu sein.
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