Coronakrise und ihre Folgen: Das Ende der Globalisierung?
Die Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft in eine Rezession gestürzt und viele Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht. Ist das Schlimmste vorbei? Wann herrschen wieder normale Zeiten? Unsere Volkswirte haben die Krise in fünf Phasen eingeteilt.
Akut-Phase
- Spätestens im Februar 2020 wird deutlich, dass sich die Corona-Epidemie nicht auf China beschränken würde. Die weltweite Pandemie beginnt.
- Binnen weniger Wochen stürzt die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession - allein in Deutschland schrumpft die Wirtschaft im zweiten Quartal um zehn Prozent. Das war der stärkste Rückgang seit Beginn der vierteljährlichen Messungen im Jahr 1970.
- Die Politik reagiert mit Lockdowns, aber auch mit schnellen Hilfen für Unternehmen und Unternehmer. Es wird immer klarer, dass das Virus die Wirtschaft länger begleiten wird.
Erholungs-Phase
- Der Ausblick für Wirtschaft und Unternehmer hat sich seit dem Tiefpunkt im Frühjahr verbessert – auch weil staatliche Stabilisierungs- und Konjunkturprogramme wirken.
- Deutschland schlägt sich im internationalen Vergleich gut und erhält viel Lob. So verlieren weitaus weniger Menschen ihren Arbeitsplatz als etwa in den USA.
- Angesichts des massiven Einbruchs im zweiten Quartal ist das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal mit mehr als acht Prozent sehr stark ausgefallen. So legten Konsum, Investitionen und Exporte nach Ende des Lockdowns wieder zu – allerdings von einem niedrigen Niveau aus.
Ernüchterungs-Phase
- Die Erholung der Weltwirtschaft wird sich im vierten Quartal und in den ersten Monaten 2021 verlangsamen – vor allem, weil sich das Virus im Herbst und Winter wieder schneller ausbreitet.
- Die Politik ist gezwungen, wieder schärfere Maßnahmen zu beschließen.
- Eine Rückkehr zum ökonomischen Vor-Krisen-Niveau ist in Deutschland, Europa und den USA ist noch nicht in Sicht. Alle Prognosen sind sehr unsicher, solange nicht klar ist, ob die Infektionszahlen unter Kontrolle gehalten werden können.
Normalisierungs-Phase
- Diese Phase steuern wir derzeit an. Da wirksame Impfstoffe schneller verfügbar sind als zunächst befürchtet, haben sich die Aussichten für das Jahr 2021 deutlich verbessert. Unsere Experten schätzen in ihrem Basis-Szenario, dass sich die wirtschaftliche Erholung bereits im ersten Halbjahr 2021 beschleunigen wird.
- Die USA könnten das Vor-Krisen-Niveau beim Bruttoinlandsprodukt im Laufe des zweiten Halbjahrs 2021 erreichen, Europa gegen Ende des Jahres.
- Allerdings besteht nach wie vor ein Risiko, dass die Erwartungen an den Einsatz von Impfstoffen überzogen sind und wir noch länger mit dem Virus leben müssen.
- Das würde die Wirtschaft weiter bremsen, aber gleichzeitig ihre digitale Transformation beschleunigen.
Rückzahl-Phase
- Die weltweite Verschuldung dürfte nächstes Jahr einen neuen Nachkriegs-Rekord erreichen.
- Zentralbanken dürften weiter massiv Geld drucken, selbst wenn die Inflation anzieht.
- Das bedeutet negative Realzinsen für viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Wer heute etwa Geld in deutsche Staatsanleihen investiert, bekommt am Ende der Laufzeit nicht einmal das eingesetzte Kapital zurück, auch das Geld auf dem Sparbuch wird inflationsbereinigt weniger.
Die langfristige Perspektive: Die Globalisierung lebt weiter – aber sie verändert sich
- Das Zeitalter der ungestörten Globalisierung mit immer mehr Freihandel, geringeren Zöllen und internationalen Regeln geht zu Ende.
- Die Corona-Pandemie verstärkt den Trend zu mehr Protektionismus, der schon vorher eingesetzt hat. Viele Branchen sind betroffen, nicht zuletzt in Deutschland, wo die Wirtschaft stark exportorientiert ist. Ein Beispiel: Zuletzt haben die USA die Einfuhrzölle für Marmelade erhöht. Die Globalisierung wird zum Flickenteppich.
- Der Konflikt zwischen den USA und China verschärft sich und bringt viele europäische Unternehmen in die Zwickmühle. So könnten die beiden Großmächte darauf drängen, dass Firmen weniger oder keine Geschäfte mehr mit der jeweils anderen Seite machen.
- Corona beschleunigt den Technologie-Wettlauf – mit Chancen für Unternehmen, die sich darauf einstellen.
- Bei allem Streit: Nur ein geeintes Europa kann ökonomisch und politisch mithalten.
- Fazit: Die Corona-Pandemie dürfte ökonomisch einen erheblichen Teil des 21. Jahrhunderts prägen. Wir sind am Beginn einer neuen Ära – einer Ära der Unordnung.
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